1860. 105
§. 3
st das Zimmer, in welchem die geiche liegt, mit dunstiger übelriechender Lust
angefüllt, so hat die Leichenwärterin zuvörderst die im Zimmer Anwesenden bis auf
die zur Hülfe nöthigen Personen zu entfernen, sodann ein Fenster für den Eintritt
frischer Lust zu öffnen und die Zimmerluft durch Essigdämpfe zu reinigen. Letzteres ge-
schieht in der Weise, daß man auf einem heißen Bleche Essig verdunsten läßt. Das
Räuchern mit Wachholderbeeren ist zu unterlassen, da die Luft dadurch nicht verbessert.
sondern noch mehr verunreinigt wird.
8. 4.
Der Verstorbene darf nicht eher aus dem Belte - werden, bis er kalt und
steif ist, keinesfalls aber vor Ablauf von 6 Stun
Findet die Leichenwärterin den Leichnam 8 warm und schon aus dem Sterbe-
beite enlfernt, so hat sie denselben ohne Weiteres wieder in das Bett zu bringen und
genau zu untersuchen, ob noch eine Herzbewegung oder einiges Athmen zu be-
merken ist. Ersteres kann man ost schon durch Auflegen der slachen Haw auf die linke
Seite der Brust fühlen, oder dadurch wahrnehmen, dah man ein Glas mit Wasser
gefüllt auf die Brust der Leiche stellt und nun beobachtet, ob eine Bewegung des Was-
sers entsteht. Von dem Athmen kann man sich dadurch überzeugen, daß man entweder
eine Flaumfeder oder ein breunendes Licht oder einen Spiegel vor den Mund und die
Nase des Verstorbeuen hält und nun aufmerksam beobachtet, ob sich die Feder und das
Licht bewegen und der Spiegel anläuft.
8. 5.
Hält die Leichenwärterin den angeblich Verstorbenen für scheintodt, so hat sie
die sofortige Herbeiholung eines Arzkes zu veranlassen, inzwischen aber alle zur Wieder-
belebung Scheintodter dienlichen Mittel anzuwenden.
Die vorzüglichsten Wiederbelebungsmittel sind: Besprengen des Gesichts
mit kaltem Wasser; Vorhalten von Salmiakgeist unter die Nase; Reibung der Brust,
des Unterleibes, der Arme und Füße mit in warmen Essig oder Branntwein einge-
kutgitta Tüchern; Auslegung von Meerrettig oder Sensteig um die Hand= und Fuß-
elenke.
Gelingt es der Leichenwärterin, einen Menschen, welcher schon während acht
Slunden für todt gehalten wurde, wieder in das Leben zurückzurufen, so erhält sie
eine Belohnung von 17 Fl. 30 Kr. = 10 Thlr.