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geworden zu seyn, so kann der erstere Staat der Beibehaltung oder Wieder-
annahme desselben sich nicht entziehen.
6. 8.
Handlungsdiener, Handwerksgesellen, Dienstboten, Schaͤfer
und andere Hirten, welche, ohne eine selbststaͤndige Wirthschaft zu haben, in
Diensten stehen, imgleichen Zoͤglinge und Studirende, welche der Erziehung
oder des Unterrichts wegen irgendwo verbleiben, erwerben durch diesen Aufent-
halt, wenn derselbe auch laͤnger als zehn Jahre dauern sollte, kein Wohnsitzrecht.
8. 9.
Koͤnnen die resp. Behoͤrden uͤber die Verpflichtung des Staats, dem die
Uebernahme angesonnen wird, der in dieser Uebereinkunft aufgestellten Kennzei-
chen der Verpfichtung ungeachtet, bei der daruͤber stattfindenden Korrespondenz
sich nicht vereinigen, und ist die deshalbige Differenz derselben auch im diplo-
matischen Wege nicht b0 beseitigen gewesen, so wollen beide kontrahirenden Theile
den Streitfall zur kompromissarischen Entscheidung eines solchen dritten
Bundesstaates bringen, welcher sich mit beiden kontrahirenden Theilen wegen
begenletiger Uebernahme der Ausgewiesenen in denselben Vertragsverhältnissen
ndet.
Die Wahl der zur Uebernahme des Kompromisses zu ersuchenden Bun-
desregierung bleibt demjenigen der kontrahirenden Theile überlassen, der zur
Uebernahme des Ausgewiesenen verpflichtet werden soll. An diese dritte Regie-
rung hat jede der betheiligten Regierungen jedesmal nur eine Darlegung der
Sachlage, wovon der andern Regierung eine Abschrift nachrichtlich mitzutheilen
ist, in kürzester Frist einzusenden.
Bis die schiedsrichterliche Enrscheidung erfolgt, gegen deren Inhalt von
keinem Theile eine weitere Einwendung zulässig ist, hat derjenige Staat, in
vesen Gebiet das auszuweisende Individuum beim Entstehen der Differenz sich
befunden, die Verpflichtung, dasselbe in seinem Gebiete zu behalten.
G. 10.
Denjenigen, welche ausgewiesen werden, hingegen in dem benachbarten
Staate, nach den in der gegenwärtigen Uebereinkung festgestellten Grundsätzen,
kein Heimwesen anzusprechen haben, ist dieser Staat den Eintritt in sein Ge-
biet zu gestatten, nicht schuldig, es würde denn urkundlich zur völligen Ueber-
seugung dargethan werden, daß das zu übernehmende Individuum einem
rückwärts liegenden Staate zugehöre, welchem dasselbe auf geradem Wege
nicht anders, als durch das Gebiet des ersteren, zugeschickt werden kann.
G. 11.
Sämmtlichen betreffenden Behorden wird es zur strengsten Pflicht ge-
macht, die Absendung der urhuwwesenden in das Gebiet des andern der beiden
kontrahirenden Theile nicht bloß auf die eigene unzuverlatzige Angabe derselben
u veranlassen, sondern, wenn das Berhältniß, wodurch der andere Staat zur
Annahme eines Auszuweisenden der Ucberemkunft gemäß verpflichtet wird, nicht aus
einem unverdächtigen Passe, oder aus andern onnnn glaubhaften Urkunden her-
vorgeht, oder, wenn die Angabe des Auszuweisenden nicht durch besondere Gründe
und