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8 24.
Die Aufnahme des Dienstboten zu verweigern, ist die Herrschaft aus wichtigen
Gründen berechtigt. Ueber die Wichtigkeit der Gründe entscheidet das Gericht nach
freiem Ermessen. Als ein wichtiger Grund ist es namentlich anzusehen:
l wenn der Dienstbote durch falsche Angaben oder Verheimlichung die Herr-
schaft über solche persönliche Verhältnisse getäuscht hat, deren Kenntniß
von erheblichem Einfluß auf das Dienstverhältniß ist,
l wenn die Herrschaft nach Abschluß des Vertrags Kenntniß von körperlichen
und Gesundheitszuständen des Dienstboten erhält, welche erheblichen stören-
den Einfluß auf das Dienstverhältniß ausüben,
wenn sich gegen die Redlichkeit, Treue und Sittlichkeit des Dienstboten er-
hebliche Bedenken ergeben haben,
wenn der Dienstbote den Dienstantritt aus Gründen, die nicht von der
Herrschaft zu vertreten sind, um mehr als eine Woche verzögert.
Die Dienstherrschaft ist verbunden, den Dienstboten ihren Rücktritt vom Ver-
trage unrerzüglich, nachdem sie Kenntuiß von den sie zum Rücktritt bestimmenden
wichtigen Gründen erlangt hat, zu erklären.
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8 26.
Weigert sich das Gesinde ohne gesetzlichen Grund, den Dienst anzutreten, so
ist dasselbe auf Antrag der Dienstherrschaft, nach deren Wahl, von der Polizei-
behörde des Wohnorts der Dienstherrschaft zwangsweise in den Dienst einzuführen,
oder mit Geldstrafe bis zu 30 Mark oder mit Haft bis zu einer Woche zu
bestrafen.
Die Zurücknahme des Strafantrags ist zulässig. Der Antrag der Dienstherr-
schaft auf Einführung des Dienstboten in den Dienst ist nur innerhalb von 10
Tagen nach dem beslimmten Antrittstage statthaft. Vor der Einführung in den
Dienst ist der Dienstbote darüber zu hören, ob ihm ein geseblicher Grund für die
Unterlassung des Dienstantritts (5 26) zur Seite steht.
Ist die Herrschaft in Folge Verschuldens des Gesindes genöthigt gewesen,
einen anderen Dienstboten zu miethen oder Lohnarbeiter anzunehmen, so hat das
Gesinde den erforderlich gewordenen Mehraufwand an Lohn zu erstatten.
Die beschlossene Einführung in den Dienst kann in dringlichen Fällen durch
ein dagegen erhobenes Rechtsmitlel nicht aufgehalten werden.
Färsl. Schwarzb.-Rudolst. Gesetzmjommlung I.XI. 28