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Gründen nicht offen steht. muß durch Intervention seitens
interessierter Dritter der Streit beigelegt werden. Die
Stellung dieses Dritten nimmt im Deutschen Reiche der
Bundesrat ein, zu dessen Angelegenheiten die Erledigung
von Staatenstreitigkeiten gehört. um völkerrechtliche Aus-
träge von Streitigkeilen unter den einzelnen Bundesmit-
gliedern auszuschließen.
Wenn nun v. Seydelin einem Falle das Einschreiten
des Bundesrats für nicht gegeben hält, weil die Streitigkeit
nicht gegenwärtig war, so ist das m. E. nicht richtig. Liegt
einmal eine Streitigkeit vor, dann ist sie auch immer gegen-
wärtig; das einzige, was in die Zukunft fallen kann, ist der
Gegenstand der Streitigkeit, wodurch jedoch der Streitigkeit
als solcher ihr gegenwärtiger Charakter nicht genommen
wird. Daher ist auch bei einer Streitigkeit, deren Wirkun-
gen erst in der Zukunft eintreten, die Streitigkeit selbst doch
gegenwärtig und unterliegt dem Einschreiten durch den
Bundesrat.
§ 3.
Zur Erledigung der Streitigkeiten auf Grund des
Art. 76 I ist weiter erforderlich, daß es sich um Streitigkeiten
zwischen Bundesstaaten handeln muß. Die Allgemeinheit
versteht nun unter Bundesstaaten die 25 das Deutsche Reich
bildenden Staaten!). Hierbei können sich jedoch Kompli-
kationen ergeben:
I. was wir unter: „Preußen mit Lauenburg“ im Ar-
tikel 1 verstehen wollen. Wenn auch Lauenburg an und
für sich ein vollständig selbständiger Staat war, denn ex
war lediglich in Personalunion mit Preußen verbunden ’?),
so hat das Herzogtum seine staatliche Selbständigkeit doch
für immer verloren, als am 23. Juni 1876 Lauenburg mit dem
1) Art. 1 und 6 der Reichsverfassung.
2) Seit dem 13. Sept. 1865.