Full text: Der Bundesrat als Rechtspflegeorgan des Reiches.

Bundesbeschlusses vom 30. Oktober 1834 zurückgehen, der 
auch von Verfassungsstreitigkeiten handelt und auf dem 
Art. «6 beruht: „Für den Fall, daß in einem Bundesstaate 
zwischen der Regierung und den Ständen über die Auslegung 
der Verfassung oder über die Grenzen der bei Ausübung 
bestimmter Rechte des Regenten den Ständen eingeräumten 
Mitwirkung durch Verweigerung der zur Führung einer den 
Bundespflichten oder der Landesverfassung entsprechenden 
Regierung erforderlichen Mittel Irrungen entstehen und alle 
verfassungsmäßigen und mit den Gesetzen vereinbarlichen 
Wege zu deren genügender Beseitigung ohne Erfolg ein- 
geschlagen sind, verpflichten sich die Bundesglieder, als 
solche, gegeneinander, ehe sie die Dazwischenkunft des 
Bundes nachsuchen, die Entscheidung solcher Streitigkeiten 
durch Schiedsrichter auf dem in den folgenden Artikeln be- 
zeichneten \ege zu veranlassen.“ Da nun hier von der 
Auslegung der Verfassung die Rede ist, wir von „Auslegung“ 
aber regelrecht nur gegenüber von Gesetzen oder aber 
Rechtssätzen sprechen, so können wir unter „Verfassung“ 
in diesem Zusammenhang nur die Verfassung im engeren 
Sinne verstehen, da Gesetze oder Rechtssätze sich nur in 
einem Staatsgrundgesetz, einer Verfassungsurkunde vor- 
finden. Daß man sich auch schon im verfassungsberatenden 
Reichstage darüber einig war, daß „Verfassung“ in der 
Wendung „Verfassungsstreitigkeit‘“ dasselbe bedeute wie 
„verfassungsurkunde“, bekundet der Abgeordnete Wig- 
gers, wenn er sagt: „Ich will auf den Inhalt von $ 70 
(= Art. 76 RV.) selbst mich nicht näher einlassen als in der 
Beziehung, daß ich mein Bedauern ausdrücke, daß es noch 
ein deutsches Land gibt, welches keine Verfassungsstreitig- 
keit haben kann, weil es keine Verfassung hat.“ Da nun 
aber Mecklenburg, von dem die Rede ist, wie überhaupt jeder 
Staat, doch eine Verfassung im weiten Sinne hat, gehen wir 
nicht fehl, unter „Verfassungsstreitigkeit‘“ nur eine Streitig- 
keit über das Staatsgrundgesetz zu verstehen.
	        
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