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staatliches Verfassungsrecht nicht nur abzuändern, sondern
sogar aufzuheben. Daß diese Kompetenz des Reiches aus
Art. 76 II gegeben sei, möchte ich aber bestreiten, wobei
ich allerdings nicht verkenne, daß vielleicht auf andere
Weise verfassungsmäßig dem Reiche ein solches Recht zu-
erteilt werden kann !). Denn das Reich tritt doch nur dann
an die Erledigung von Verfassungsstreitigkeiten heran.
wenn die Landesverfassung keine Behörde zur Entscheidung:
angibt. Das Reich ist also, was die Erledigung von Staaten-
streitigkeiten anlangt, den Behörden gleichgestellt. Die
Kompetenz der Behörden erstreckt sich aber nicht darauf.
neues Verfassungsrecht zu schaffen! Das müßte sie aber.
sollten wir analog dem Reiche dieses Recht zubilligen.
Ferner ist nicht einzusehen, wie dem Reiche das Recht der
Verfassungsänderung zustehen soll, ein Recht, das die ein-
zelnen Bundesstaaten verfassungsgemäß nur ihren gesetz-
gebenden Faktoren zuerkennen. Denn hat einmal das Reich
neues einzelstaatliches Verfassungsrecht geschaffen, wäre es
ia dem betreffenden Staate unmöglich, jemals wieder seine
Verfassung, soweit sie reichsgesetzlich festgelegt ist, durch
seine gesetzgebenden Faktoren zu ändern. Daß dies doch
möglich ist, könnte man nur analog v. Seydel?) begrün-
den, wenn ınan sagt: „daß das Recht, welches im Wege der
Reichsverfassung geschaffen wird, Landesrecht, nicht Reichs-
recht ist, also jederzeit durch Landesgesetz beseitigt oder
abgeändert werden kann“. M.E. findet, falls in Erledigung
eines Verfassungstreites ein solches Gesetz zustandekommt,
Art. 2 RV. Anwendung; das im \Wege der Reichsgesetz-
gebung gewonnene Recht kann nur Reichsrecht: sein, gelıt
also dem Landesrecht vor. Es ist also dem Bundesstaate
unmöglich, nach getroffener Entscheidung durch Bundesrat
1) Wenn z. B. gemäß Art. 78 der Bundesrat und Reichstag
sich zuständig erklärt haben.
2) v. Seydel, Konmentar S. 407.