Metadata: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1871. (48)

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einen Vertheidiger vertreten lassen wolle. Im letzteren Falle ist die Person des Vertheidigers von dem 
Angeklagten zu bezeichnen. Er kann auch beantragen, daß ihm von dem Gericht zweiter Instanz ein 
Vertheidiger von Amtswegen bestellt werde. Wenn er verhaftet ist, so steht ihm nur das Recht zu, 
durch einen Verthekdiger sich vertreten zu lassen. 
g. 52. 
Nachdem die Akten bei dem Gericht zweiter Instanz eingegangen sind, bestimmt dasselbe einen 
Termin zum mündlichen Schlußverfahren. Zu dem Termine ist der bel dem Gericht zweiter Instanz 
angestellte Ober-Staatsanwalt zuzuziehen und der Angektagte oder der von diesem ernannte oder ihm 
von Amtswegen zu bestellende Vertheidiger vorzuladen. In Ermangelung eines Vertheidigers, oder 
wenn der von dem Angeklagten ernannte Vertheldiger nicht am Orte des Gerichts wohnt, erfolgt die 
Vorladung des Angeklagten mittelst Aushanges im Geschäftslokal des Gerichts. 
5. 53. 
Bei dem mündlichen Schlußverfahren giebt zuerst ein aus der Zahl der Gerichtsmitglieder zu 
ernennender Referent auf Grund elner schriftlichen Relation mündlich eine Darstellung der bis dahin 
stattgefundenen Verhandlungen. 
Hierauf wird der Angeklagte mit seinen Beschwerden, und der Ober-Staatsanwalt mit selnen 
Gegenerklärungen gehört. 
8. 54. 
Das Gericht zweiter Instanz ist bei der Abfassung des Erkenntnisses an die thatsächlichen Fest- 
stellungen des ersten Richters nicht gebunden; es hat unabhängig von denselben in den Entscheidungs- 
gründen der Vorschrift des Art. 31. des Gesetzes vom 3. Mai 1852. (Gesetz-Samml. S. 209.) zu 
genügen. Hält es eine Beweisaufnahme für nöthig, so verordnet es die Erhebung des Beweises im 
schriftlichen Verfahren (s. 49.). Nach Eingang der Beweisverhandlungen ist ein neuer Termin zum 
mündlichen Schlußverfahren anzusetzen. 
Das Gericht zweiter Instanz kann jedoch die Vernehmung von Zeugen im Schlußtermin selbst 
veranlassen, wenn dieses ohne erheblichen Zeit= und Kostenaufwand ausführbar ist. 
Ist das Urtheil in Abwesenhei#t des Angeklagten verkündet, so sind in Bezug auf die Zustellung 
desselben die Bestimmungen des §. 52. maaßgebend. 
8. 55. 
Insoweit aus den vorstehenden Paragraphen sich nicht ein Anderes ergiebt, finden auf das 
Appellationsverfahren diejenigen Vorschristen Anwendung, welche in den im §. 2. bezeichneten Landes- 
thellen für das Appellatlonsverfahren in Strassachen gelten. 
8. 56. 
Gegen das Erkenntniß des Appellationsgerichts in Stettin steht sowohl dem Angeklagten als
	        
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