Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1910. (42)

II. 13 
vorausgearbeitet werden konnte. Bei der Behandlung der eingehenden Anträge ist Fürsorge 
zu treffen, daß die gleichen Betriebe in demselben Absatzgebiete möglichst gleich behandelt 
werden. Wenn nur einzelne Betriebe die Genehmigung zur Überarbeit nachsuchen, während 
die übrigen unter gleichen Verhältnissen arbeitenden Betriebe desselben Gewerbszweiges der 
lberarbeit nicht bedürfen, so ist ersteren der Regel nach die Genehmigung nicht zu erteilen, 
da sie sich ebenso wie ihre Gewerbsgenossen ohne ÜUberarbeit werden einrichten können. 
Für Betriebe derjenigen Saison-Industrien, für welche der Bundesrat auf Grund des 
8 1394 Absatz 1 Ziffer 4 und 5 der Gewerbeordnung Ausnahmen zugelassen hat, dürfen 
auf Grund des § 138 à der Gewerbeordnung weitere Ausnahmen nicht zugelassen werden, 
wenn die außergewöhnliche Arbeitshäufung durch das zu gewissen Zeiten des Jahres regel- 
mäßig eintretende vermehrte Arbeitsbedürfnis hervorgerufen ist. 
8. Nicht unter die Saison-Industrie fallen die sogenannten Campagne-Industrien, 
deren Betrieb auf bestimmte Jahreszeiten beschränkt ist und während des übrigen Jahres 
ganz ruht. Zu ihnen zählen beispielsweise die Rübenzucken-, Cichorien-, Kraut= und Frucht- 
conserven-Fabriken, Fischräuchereien, Rasenbleichereien, Feldziegeleien, Tongräbereien und Torf- 
stechereien. 
In diesen Campagne-Industrien sowohl wie in allen übrigen nicht zu den Saison-Indu- 
strien gehörigen Gewerbszweigen kann anßergewöhnliche Arbeitshäufung zu unregelmäßig 
wiederkehrenden Zeiten des Jahres oder in nicht vorherzusehenden Fällen vorkommen. In 
solchen Fällen kann wegen außergewöhnlicher unregelmäßiger Arbeitshäufung eine 
Verlängerung der Arbeitszeit auf Grund des § 138 der Gewerbeordnung auch für diejenigen 
Betriebe gestattet werden, für welche der Bundesrat auf Grund des § 139 a Ziffer 2 der 
Gewerbeordnung Ausnahmen von den Bestimmungen des § 137 zugelassen hat. 
9. Für alle diese Betriebe, welche nicht zu den Saison-Industrieu gehören, kann die 
Überarbeit nur gestattet werden, wenn die außergewöhnliche Arbeitshäufung nicht vorherzusehen 
war oder durch wichtige wirtschaftliche Gründe gerechtfertigt wird. 
Als solche Gründe sind insbesondere hervorzuheben: 
a. die Gefahr eines Verderbens oder einer Verschlechterung der zu verarbeitenden Stoffe, 
z. B. bei Fleischkonserven-Fabriken, wenn die Zufuhr der zu verarbeitenden Stoffe 
außergewöhnlich reichlich ist; bei Stärkereien und Brennereien wegen drohender 
Kartoffelfäule; bei Leimfabriken, wenn in der heißen Jahreszeit der Leim nur während 
der Abend= und Nachtstunden fertiggestellt werden kann; 
b. die Rücksicht auf die Trausport-Gelegenheiten, wenn z. B. wegen plötzlich eintretenden 
Frostes ein frühzeitiger Schluß der Schiffahrt in Aussicht steht und eilige Verladungen 
vorgenommen werden müssen oder wenn bei unerwartet früher Eröffnung der Schiff— 
fahrt die Ausrüstungs-Gegenstände für die Schiffe schleunig beschafft werden müssen, 
oder wenn die Beistellung von Wagen durch die Eisenbahnen unregelmäßig erfolgt; 
die Rücksicht auf öffentliche Interessen, wenn beispielsweise für die Militär-Verwaltung 
große Lieferungen von Munition und Montierungs Gegenständen ausgeführt werden 
Gesetzes und Verorduungsblatt 1910 3 
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