Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1910. (42)

614 XL. 
die Ersuchungsschreiben anderer Behörden. Alle amtlichen Erlasse werden an ihn gerichtet, 
er unterzeichnet alle Ausfertigungen. 
Er ist befugt, gegen Gemeindebedienstete Ordnungsstrafen bis zu dreißig Mark zu erkennen. 
Er verwaltet die Ortspolizei selbst da, wo die Staatsverwaltungsstelle ihren Sitz hat, 
soweit nicht der im § 6 bemerkte Fall eintritt. 
Er führt die Aufsicht über das Gemeindevermögen und leitet dessen Verwaltung, sowie 
die öffentlichen Bauten und Arbeiten der Gemeinde. 
In dem Gemeinderat hat er den Vorsitz, bringt die Gegenstände zum Vortrag und die 
Beschlüsse des ersteren zum Vollzug. 
Er allein in der Gemeinde ist berechtigt, solche zu einer Versammlung zu berufen. Jede 
andere Zusammenberufung ist, bei Vermeidung einer angemessenen polizeilichen Strafe, insofern 
nicht die Handlung ein gesetzlich höher zu bestrafendes Verbrechen enthält, verboten. 
In dem Gemeinderat und in der Gemeindeversammlung entscheidet seine Stimme, wenn, 
diese mit eingerechnet, Stimmengleichheit entsteht. 
Die Verwahrung des Gemeindesiegels ist ihm anvertraut, und er stellt innerhalb seiner 
Amtswirksamkeit Beglaubigungen aus. 
Er versieht gerichtliche Funktionen, soweit ihm solche durch die Gesetze übertragen sind. 
Zweites Kapitel. 
Von den Amtsbefugnissen des Gemeinderats. 
8 58. 
Der Gemeinderat beratschlagt und beschließt: 
1. über alle Angelegenheiten, die nach den Gesetzen und Verordnungen, sodann nach den 
Verfügungen der Staatsbehörden seiner Beratung unterlegt werden, 
2. über alle Angelegenheiten der Gemeinde, 
3. über alles, was auf die Verwaltung, Vermehrung und Verwendung des Gemeinde— 
vermögens, sowie auf Stellung und Abhör der Gemeinderechnung Bezug hat, 
4. über die Bürgeraufnahmen und über Antritt des angeborenen Bürgerrechts, 
5. über den Gehalt und die Anstellung des Gemeindedienstpersonals. 
Außerdem steht dem Gemeinderat zus: 
1. die Verwaltung des örtlichen Schulvermögens und die örtliche Aufsicht über die Lehr- 
anstalten der Gemeinde, und zwar über die Volksschulen nach Maßgabe des Gesetzes 
über den Elementarunterricht, über andere Lehranstalten nach Maßgabe ihrer Statuten, 
. die Verwaltung der örtlichen Armenpflege. 
Bei den Beratungen und Beschlußfassungen in Angelegenheiten der öffentlichen 
Armenpflege haben im Gemeinderat ein Ortspfarrer jeder Konfession, der Armenarzt 
oder in Ermangelung eines solchen der Bezirksarzt, wo ein solcher seinen Wohnsitz hat, 
sowie der Polizeibeamte, wo die Lokalpolizei durch die Staatsbehörde ausgeübt wird, 
Sitz und Stimme. 
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