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Beilage VII zum Gesetz= und Verordnungsblatt für das Königreich Bayern vom Jahre 1876.
Erkenntniß des obersten Gerichtshofes des- Königreichs vom 15. März 1876 in Sachen der
politischen Gemeinde Bischbrunn gegen den k. Fiscus wegen Dienstbarkeit an einer öffentlichen
Straße, hier den bejahenden Competenzconflict zwischen der k. Regierung von Unterfranken und
Aschaffenburg und dem k. Bezirksgerichte Aschaffenburg betr.
Im Namen Seiner Majestät des Königs von Bayern
erkennt der oberste Gerichtshof des Königreichs in Sachen der politischen Gemeinde Bisch-
brunn gegen den k. Fiscus wegen Dienstbarkeit an einer öffentlichen Straße, hier den be-
jahenden Competenzconflict zwischen der k. Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg und
dem k. Bezirksgerichte Aschaffenburg betr., zu Recht:
daß in dieser Sache die Verwaltungsbehörden zuständig seien.
Gründe.
Am 15. Juni 1874 ließ die politische Gemeinde Bischbrunn, vertreten durch den
k. Advocaten Heigl zu Aschaffenburg, der k. Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg,
Kammer der Finanzen, eine gegen den k. Fiscus gerichtete Klage des Inhalts zustellen:
Durch die Markung der Gemeinde Bischbrunn ziehe eine Staatsstraße, welche gebaut
worden sei, als die Gemeinde Bischbrunn zum Fürstenthum Aschaffenburg gehört habe; die
zu diesem Straßenbau nöthige Fläche sei dadurch gewonnen worden, daß die damalige Re-
gierung genannten Fürstenthums den hiezu nöthigen Grund und Boden von der Gemeinde
Bischbrunn gegen eine Fläche Staatswald eingetauscht habe; — bei Abtretung des frag-
lichen Gemeindegrundes sei jedoch der Gemeinde Bischbrunn das Recht vorbehalten und von
fürstlicher Regierung ihr für alle Zeit dahin eingeräumt worden:
1. daß jedes Gemeindeglied mit seinem Wagen auf jedes einzelne Grundstück in der
Bischbrunner Markung von der Staatsstraße aus über die Gräben dieser Straße und
ebenso wieder zurückfahren und nicht minder sein Vieh dort ein= und austreiben dürfe;
2. daß jeder Grundeigenthümer von Bischbrunn bis an den Straßengraben heraus-
ackern und den Boden bestellen dürfe;
3. daß die Gemeindeglieder von Bischbrunn beim Ackern auf die Fußbänke jener
Staatsstraße fahren und auf selben ihren Pflug wenden dürften; zugleich sei die Gemeinde
Bischbrunn die Verpflichtung eingegangen, den Straßengraben, wenn er durch Ausübung
obiger Berechtigung verschüttet oder sonst beschädigt werden sollte, sofort zu reinigen und wieder
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