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Diese gesetzliche Voraussetzung zur Anregung eines Competenzconflictes ist aber im vorliegenden
Falle zur Zeit noch nicht gegeben; denn es ist zur Zeit noch ungewiß, ob das Bezirksgericht Ansbach
sich zur Verhandlung und Bescheidung der vorliegenden Streitsache für zuständig erachten will.
Wohl haben die beiderseitigen Anwälte bereits ihre Schriften gewechselt, auch ist die
Sache zum Hauptverzeichniß angemeldet und sind die auf die Sache bezüglichen motivirten
Anträge am 19. Mai 1875 bei genanntem Bezirksgerichte hinterlegt worden; allein durch
diese lediglich von den Parteianwälten entwickelte Thätigkeit erscheint das Bezirksgericht selbst
noch nicht in der Art mit der Sache befaßt, daß daraus zu erkennen wäre, es erachte sich
dasselbe in der Sache für zuständig. Es waren dieß nur von den Parteianwälten getroffene vorberei-
tende Maßregeln, durch welche dem Gerichte selbst erst die Möglichkeit verschafft werden sollte, zu
prüfen, ob die Sache ihrer Natur nach sich zur Verhandlung und Entscheidung vor dem Gerichte eigne.
Ebensowenig kann der Beschluß des Bezirksgerichts vom 26. Mai 1875, die auf die
Sache bezüglichen Administrativacten zu erholen, als ein Act betrachtet werden, aus welchem
auf die Absicht dieses Gerichtes, sich materiell mit der Sache zu befassen, geschlossen werden
könnte; denn diese Aktenerholung, welche von dem Vertreter des beklagten k. Fiscus beantragt
worden war, hatte offenbar keinen andern Zweck, als Material für die Entscheidung der vom
k. Fiscus durch seine, der vorliegenden Klage ausschließlich entgegengesetzte Einrede der Un-
zuständigkeit der Gerichte — angeregte Frage der Zuständigkeit zu gewinnen. Nur zu diesem Zwecke
war die Erholung jener Acten vom Fiscalate beantragt und vom Bezirksgericht beschlossen worden.
Weitere Acte als dieser Beschluß liegen von Seiten des Bezirksgerichts nicht vor.
Allem dem nach erscheint die von der k. Regierung von Mittelfranken durch ihre Ent-
schließung vom 21. Juni 1875 geschehene Anregung des Competenzconflictes als verfrüht,
und mußte deshalb, wie geschehen, erkannt werden.
Also geurtheilt und verkündet in öffentlicher Sitzung des obersten Gerichtshofes am
zweiundzwanzigsten Mai achtzehnhundert sechs und siebzig, wobei zugegen waren Dr. v. Neu-
mayr, Präsident; v. Bezold, Ministerialrath, Braun, Rath am obersten Gerichtshofe,
v. Leinfelder, Ministerialrath, Dr. Langlois I, Rath am obersten Gerichtshofe, v. Hecken-
lauer, Ministerialrath, Dirrigl, Rath am obersten Gerichtshofe, v. Haubenschmied,
Generalstaatsanwalt und Mayrhofer, Untergerichtsschreiber.
(Unterschrieben sind:)
Dr. von Ueumayr.
Mayrhofer.