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Von den Civilgerichten wurde dieser Rechtsanschauung in den Urtheilen des k. Bezirks-
gerichts München l.J. vom 18. December 1873, des obersten Gerichtshofes vom Z. Mai
1875 und des k. Appellationsgerichts in München vom 2. März 1876 durchaus beigepflichtet,
so daß die Frage über die Berechtigung der Familie des Klägers um die Stiftungsbezüge
zu concurriren, und zu solchen präsentirt zu werden, rechtskräftig entschieden ist.
Die zweite Klagsbitte anlangend, tritt zunächst das in der Stiftungsurkunde begründete
Recht, sowie die Pflicht der Administratoren in den Vordergrund, die zum Stiftungsgenusse
Civilberechtigten nach den von den Stiftern gegebenen Directiven und nach ihrem Be-
finden und Ermessen hinsichtlich der Würdigkeit und Bedürftigkeit zum Stiftungsgenusse zu
präsentiren.
Da diese Momente neben der Berechtigung in Frage kommen, so berührt die Sache
das Verwaltungsgebiet der milden Stiftungen und der Wohlthätigkeit und in dieser Beziehung
ist in der oben angeführten Ministerial -Entschließung ausgesprochen, daß zunächst die
Rechte der Administratoren zu respectiren seien, daß aber die zuständige Staatsaufsichtsbehörde
darüber zu wachen habe, daß die Fonds nicht stiftungswidrig verwendet, und daß die an
die Administration gelangenden Unterstützungsgesuche ihre Würdigung und Verbescheidung
finden.
Dieses Recht der Administratoren zur Entscheidung über Würdigkeit und Bedürftigkeit
unter den Stiftungsberechtigten, sowie das Aufsichtsrecht der Staatsaufsichtsbehörden ist im
oberstrichterlichen Urtheile, welchem im angeführten appellgerichtlichen Urtheile ausdrücklich bei-
gepflichtet wurde, anerkannt, so daß also anch in dieser Beziehung eine Uebereinstimmung der
Verwaltungsbehörden und Gerichte vorliegt. Da hienach die Competenz der Gerichte und der
Verwaltung in den sie betreffenden Punkten gegenseitig vollständig anerkannt ist, so ist ein
verneinender Competenzconflict nicht gegeben.
Es muß dem Freiherrn von Pechmann, nachdem über seine Berechtigung, zum Stiftungs-
bezuge präsentirt zu werden, welche von den Administratoren bestritten war, zu seinen Gunsten
entschieden worden ist, überlassen bleiben, eine neuerliche Verfügung der Administratoren zu
veranlassen und wird sich erst durch diese eine Grundlage für das weitere Verfahren nach
Maßgabe der vorerörterten Competenz ergeben. Es erscheint somit der Antrag des Freiherrn
von Pechmann auf Entscheidung eines negativen Competenzconflictes als völlig grundlos,
weshalb wie geschehen zu erkennen war.