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Aulage.
Gemeinfaßliche Belehrung
über die
im §. 10 des Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880 aufgeführten ansteckenden
Krankheiten der Hausthiere.
I. Milzbrand.
Der Milzbrand ist eine am häufigsten bei Rindern und Schafen, seltener bei Pferden,
Ziegen und Schweinen vorkommende, sehr rasch und meist tödtlich verlaufende ansteckende
Krankheit, welche besonders in den Sommermonaten bei feuchtwarmer Witterung auftritt
und in manchen Gegenden einheimisch ist. ·
Die Kennzeichen des Milzbrandes sind nach den Thiergattungen, und je nachdem
der eine oder der andere Körpertheil besonders ergriffen ist, sehr verschieden.
Plötzliche Todesfälle unter den Hausthieren können den Verdacht der Seuche erwecken,
wenn derartige Fälle sich in einem Viehbestande wiederholen oder an Orten vorkommen,
wo der Milzbrand bereits in früheren Jahren aufgetreten ist. Oefters erfolgt der Tod
so rasch, daß vorher Krankheitserscheinungen gar nicht wahrgenommen werden (Milzbrand=
blutschlag); bei weniger raschem Verlaufe zeigen die betroffenen Thiere Aufhören der Freß-
lust, Versiegen der Milch, Unruhe, Zittern, unsichern Gang, ungleiche Vertheilung und
Wechsel der Körperwärme; es tritt dunkle Röthung der sichtbaren Schleimhäute, schnelles
und beschwerliches Athmen und bisweilen blutiger Durchfall ein; bei Pferden zeigt sich
gewöhnlich Kolik, bei Schafen das Absetzen eines blutigen Urines.
Nicht selten entstehen an verschiedenen Theilen des Körpers ausgebreitete Geschwülste
der Haut (Milzbrandrothlauf) oder umschriebene beulenartige Anschwellungen (Karbunkel)
in der Haut und in den Schleimhäuten, welche bisweilen brandig verjauchen oder unter
Steigerung des Allgemeinleidens plötzlich verschwinden. Die Dauer der meistens tödtlich
endigenden Krankheit beträgt einige Stunden bis zu mehreren Tagen.
Die Kennzeichen des Milzbrandes treten nach dem Tode deutlicher hervor; an den
Kadavern stellt sich schon in einigen Stunden Fäulniß ein; aus den verschiedenen Oeff-