Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1896. (23)

V 35. 367 
Art. 165. 0 
Hat der Angeklagte oder eine civilverantwortliche Person unter bestimmter Angabe des 
Rechtstitels oder der Besitzhandlungen eine Eigenthums= oder andere Berechtigung vorgeschützt, 
vermöge welcher die That gar nicht oder in einer andern Weise strafbar erscheint, so wird, 
wenn dieses Vorbringen nicht wegen offenbarer Unrichtigkeit sofort verwerflich ist, der in der 
Anzeige genannte Waldbesitzer (bei Gemeinde-, Stiftungs- und Körperschaftswaldungen die 
betreffende Verwaltung, bei Staatswaldungen das einschlägige Forstamt, und zwar, wenn 
dies möglich, sogleich in der Sitzung mündlich, anderen Falls schriftlich durch das Amts- 
gericht von diesem Vorbringen mit der Aufforderung in Kenntniß gesetzt, sich über die auf- 
gestellten Behauptungen alsbald oder in einer bestimmten kurzen Frist zu erklären. 
Erfolgt die Erklärung nicht in derselben Sitzung, so ist die Aburtheilung auf die 
folgende Sitzung zu verschieben. 
Erkennt der Aufgeforderte die behauptete Berechtigung an, so ist der Angeklagte frei- 
zusprechen, beziehungsweise nur die unter der Annahme der Berechtigung verwirkte Strafe 
gegen ihn zu verhängen. In allen anderen Fällen steht dem Angeklagten und den als 
civilverantwortlich vorgeladenen Personen das Recht zu, vor dem Antsgerichte entweder 
sogleich oder in einer vorgesetzten Frist darzuthun, daß sie sich im Besitze des behaupteten 
Eigenthums oder der behaupteten Berechtigung befinden. Erachtet das Amtsgericht diesen 
Beweis für erbracht, so hat es auch in diesem Falle den Angeklagten freizusprechen, 
beziehungsweise nur auf die unter Annahme der Berechtigung verwirkte Strafe zu 
erkennen. Erachtet es, der Besitz sei nicht nachgewiesen, so haben sich der Angeklagte und 
die civilverantwortlichen Personen sogleich darüber zu erklären, ob sie ihren Anspruch bei 
dem zuständigen Civilgerichte geltend machen wollen. Im verneinenden Falle ist sofort ohne 
weitere Rücksicht auf ihr behauptetes Recht über die ihnen zur Last gelegte That zu ent- 
scheiden, im bejahenden Falle aber die Aburtheilung der Sache in eine spätere Sitzung zu 
verschieben, welche wenigstens auf drei Monate hinaus verlegt werden muß. Hierbei ist 
den Betheiligten ausdrücklich zu bemerken, daß sie in jener Sitzung den Nachweis liefern 
müssen, daß inzwischen der civilrechtliche Anspruch von dem Waldbesitzer anerkannt, oder 
daß über denselben ein Streit bei dem Civilrichter anhängig gemacht wurde, widrigen Falls 
auf ihr Vorbringen keine Rücksicht mehr genommen werde. Liefern sie in der festgesetzten 
Sitzung diesen Nachweis, so bleibt die Aburtheilung so lange ausgesetzt bis einc den Besitz 
oder das Recht betreffende rechtskräftige Entscheidung beigebracht wird. Bis dahin bleibt 
die Verjährung der forststrafrechtlichen Verfolgung unterbrochen. 
Art. 166. (1# 
Die nach dem vorhergehenden Artikel durch die Amtsgerichte erlassenen Entscheidungen, 
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