Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1899. (26)

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— § 9. Die Hebammen sollen allen Frauen, welche ihrer Hilfe bedürfen, ohne Unterschied 
des Standes und Vermögens bei Tag und bei Nacht ohne Aufschub Beistand leisten. Bei 
mehrfachen gleichzeitigen Berufungen haben sie sich im Allgemeinen nach der Zeit derselben 
zu richten, sonst aber sich zuerst dorthin zu wenden, wo ihre Oilfe am dringendsten erscheint. 
Geeigneten Falls werden sie solche Personen, denen sie nicht sofort zu Diensten sein können, 
an eine andere Hebamme verweisen. So lange eine Gebärende der Hebamme benöthigt ist, 
darf diese sie unter keinem Vorwande verlassen. 
Hat die Geburtsarbeit bei Ankunft der Hebamme noch nicht begonnen, so muß die 
letztere, falls sie wieder fortgehen sollte, von Zeit zu Zeit nach der Gebärenden sehen. 
Verhalen § 10. Gegen Schwangere und Gebärende sollen die Hebammen sorgfältig und freundlich 
Schwangere sich zeigen, die Furchtsamen beruhigen, die Ungeduldigen bei langsam fortschreitender Geburt 
Gellnende. durch freundlichen Zuspruch trösten. Sie dürfen nicht dulden, daß etwaige Krankheitszustände 
aus Unkenntniß oder falscher Scham vernachlässigt werden, sondern müssen in jedem Falle 
mit Ernst und Nachdruck auf der Berufung eines Arztes bestehen. 
Gefährliche Zufälle sollen der Gebärenden möglichst verschwiegen bleiben, aber dem Manne oder 
den Angehörigen ebenso wie Tod oder Mißstaltung des Kindes sogleich mitgetheilt werden. 
gsruftv 8 11. Abgesehen von Ereignissen, welche amtlich der Behörde anzuzeigen sind, sollen 
die Hebammen über Alles, was sie bei ihren Pfleglingen beobachten und was ihnen in 
ihrem Berufe anvertraut wird, besonders auch über geheime Gebrechen ihrer Pflegebefohlenen 
strenges Stillschweigen bewahren. 
II. 
Von dem Verhalten der Hebamme bei der Geburt. 
Aufsicht § 12. Die Thätigkeit der Hebamme bei der Geburt bezweckt durch sachgemäße Auf 
bei der 
Geburt. sicht den Schutz von Mutter und Kind gegen Regelwidrigkeiten. Durch diese Aufsicht 
bei der Geburt darf aber der Kreissenden kein Schaden zugefügt werden, z. B. darf die 
Kreissende vor Allem dabei nicht angesteckt werden mit Keimen des Kindbettfiebers, die sich 
wie überall, so auch an den Geschlechtstheilen der Kreissenden und besonders auch an den 
Händen der Hebammen befinden. 
Hilfeleistung 8 13. Zur Hilfeleistung bei einer Geburt soll jede Hebamme womöglich eine frisch 
beider Geburt gewaschene Oberjacke mit nur bis zum Ellbogen reichenden oder bis dahin aufknöpfbaren 
Aermeln und eine breite weiße Schürze anlegen und dann zur geburtshilflichen Untersuchung 
in folgender, genau einzuhaltender Reihenfolge schreiten: 
1. Herstellung einer 1 procentigen Lysol-Lösung in einer reinen Schüssel, indem sie mit 
dem Irrigator 1 Liter möglichst warmen Wassers in dieselbe gießt und hiezu 
10 Gramm Lysol fügt unter sorgfältigem Umrühren mit dem Mutterrohr.
	        
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