Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1902. (29)

M 21. 183 
Art. 8. 
Die Kosten der Zwangserziehung sind vorläufig von der Heimatgemeinde des Minder- 
jährigen oder, wenn dieser in Bayern eine Heimat nicht besitzt, von der Staatskasse zu 
bestreiten. 
Besitzt der Minderjährige Vermögen oder erwirbt er binnen zehn Jahren nach der Auf- 
hebung der Zwangserziehung ein Vermögen, welches ihm unbeschadet der Sicherstellung des 
Lebensunterhaltes die Ersatzleistung ermöglicht, so ist er zum Ersatze der Kosten der Zwangs- 
erziehung verpflichtet. Desgleichen haben diejenigen, welche dem Minderjährigen gegenüber 
nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs während der Dauer der Zwangserziehung 
unterhaltspflichtig sind, Ersatz der Kosten zu leisten. 
In Ermanglung zahlungsfähiger Verpflichteter kann die Heimatgemeinde beanspruchen, 
daß ihr ein Fünftel der Kosten von der Distriktsgemeinde und zwei Fünftel der Kosten von 
der Staatskasse ersetzt werden. 
Die Kosten einer vorläufigen Unterbringung sind, wenn die Zwangserziehung demnächst 
nicht angeordnet wird, von der Staatskasse zu tragen und, soweit dieselben von dem Min- 
derjährigen oder einem Unterhaltspflichtigen, von der Heimatgemeinde oder der Distrikts- 
gemeinde bestritten worden sind, zu ersetzen. 
Art. 9. 
Streitigkeiten über die in Art. 8 Abs. 1, 3, 4 begründeten Ansprüche und Verbind- 
lichkeiten werden von den Distriktsverwaltungsbehörden in erster und von den K. Regierungen, 
Kammern des Innern, in zweiter Instanz entschieden. 
Gegen die Entscheidungen der K. Regierungen, Kammern des Innern, ist Beschwerde 
nach Art. 45 des Gesetzts vom 8. August 1878, betreffend die Errichtung eines Verwal- 
tungsgerichtshofes und das Verfahren in Verwaltungsrechtssachen, zulässig. 
Art. 10. 
Auf Antrag der Heimatgemeinde oder des Kreisfiskalates können die Eltern und Groß. 
eltern des Minderjährigen durch Beschluß der Distriktsverwaltungsbehörde angehalten werden, 
nach Maßgabe ihrer Unterhaltspflicht die Kosten der Zwangserziehung zu bestreiten und die 
hiefür gemachten Aufwendungen zu ersetzen. Das Gleiche gilt in Ansehung eines unehelichen 
Kindes von dem Vater, sofern er seine Vaterschaft nach S 1718 des Bürgerlichen Gesetz- 
buchs anerkannt hat, oder seine Unterhaltspflicht in einem vollstreckbaren Titel festgestellt ist. 
Gegen den Beschluß der Distriktsverwaltungsbehörde kann binnen vierzehn Tagen 
Beschwerde zur K. Regierung, Kammer des Innern, ergriffen werden, welche vorbehaltlich des 
Rechtswegs endgiltig entscheidet. 
Die Entscheidung der Verwaltungsbehörde ist vorläufig vollstreckbar.
	        
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