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Beila p" II zum Gesetz= und Verordnungs-Blatte für das Königreich Bayern vom Jahre 1902.=
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Erkenntniß des Gerichtshofes für Kompetenzkonflikte in dem zwischen dem K. Landgerichte Passau
und der K. Regierung von Niederbayern, Kammer des Innern, bestehenden Streite über die Zu—
lässigkeit des Rechtswegs für den von dem Häusler Vinzenz Hackl von Zwölfhäuser gegen den
Häusler Leopold Diendorfer von dort erhobenen Rechtsstreit wegen eines Gemeinderechts betreffend.
Im Namen Seiner Majestät des Königs von Bayern
erkennt der Gerichtshof für Kompetenzkonflikte in dem zwischen dem K. Landgerichte Passau
und der K. Regierung von Niederbayern, Kammer des Innern, bestehenden Streite über
die Zulässigkeit des Rechtswegs für den von dem Häusler Vinzenz Hackl von Zwölfhäuser
gegen den Häusler Leopold Diendorfer von dort erhobenen Rechtsstreit wegen eines Ge—
meinderechts,
daß der Rechtsweg zulässig ist.
Gründe.
Der Rechtsanwalt, K. Advokat Justizrath Heizer in Passau erhob im November 1900
für den Häusler Vinzenz Hackl von Zwölfhäuser bei dem Landgerichte Passau Klage gegen
den Häusler Leopold Diendorfer von Zwölfhäuser mit dem Antrage, zu erkennen, der
Beklagte habe anzuerkennen, daß dem Kläger das Recht auf den im Grundsteuerkataster bei
dem Hause Nr. 1 in Zwölfhäuser vorgetragenen ganzen Nutzantheil an den unvertheilten
Gemeindegründen zusteht, und sich für alle Zukunft jeden Eingriffs in das Nutzungsrecht
bei Meidung einer Strafe von hundert Mark für jeden Zuwiderhandlungsfall zu enthalten.
Zur Begründung wurde geltend gemacht, der Bauer Joseph Hackl von Zwölfhäuser habe
das Anwesen Haus Nr. 1 in Zwölfhäuser mit mehreren Grundstücken und einem Gemeinde-
rechte zu einem ganzen Nutzantheil an den noch unvertheilten Gemeindebesitzungen von dem
Bauer Paul Hackl von Sonndorf durch einen notariell beurkundeten Vertrag vom 5. Juni 1875
um 5050 Gulden gekauft und übergeben erhalten. Einen Theil der Grundstücke habe
Joseph Hackl im Jahre 1876 wieder verkauft; hiebei habe er sich aber einen elf Tagwerk
und siebzehn Dezimalen umfassenden Grundbesitz und das Gemeinderecht zu einem ganzen
Nutzantheile vorbehalten. Joseph Hackl sei am 25. April 1897 gestorben und von seinen
sechs Kindern beerbt worden. Von diesen habe Vinzenz Hackl auf Grund eines mit seinen
Geschwistern geschlossenen Vertrags den gesammten väterlichen Nachlaß übernommen und
überwiesen erhalten. Er sei daher zu einem ganzen Antheil an den noch unvertheilten Ge-
* Ausgegeben zu München den 12. Mai 1002.
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