Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1902. (29)

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erheblichen Aktenstücke, insbesondere auch die Erklärung und die Denkschrift der K. Regierung, 
verlesen wurden. In diesen Schriftstücken wird auszuführen versucht, daß der Rechtsweg 
gemäß der Vorschrift im Art. 8 Ziff. 19 des Gesetzes vom 8. August 1878, die Er— 
richtung eines Verwaltungsgerichtshofs und das Verfahren in Verwaltungsrechtssachen be- 
treffend, unzulässig sei, da der zwischen den Parteien bestehende Streit die Frage zum Gegen- 
stande habe, ob die Gemeinde Günding berechtigt sei, vom Kläger, wie von jeder anderen 
Person, welche die Brücke befahre, den bewilligten Zoll zu erheben. Es wird hiebei hervor- 
gehoben, daß die Erhebung dieses Gefälles sich auf Bestimmungen des öffentlichen Rechts 
gründe, weßhalb auch die Entscheidung darüber, ob der Kläger P. Hartmann zu dieser 
Leistung verpflichtet oder etwa aus besonderen Gründen von der öffentlich rechtlichen Ver- 
bindlichkeit befreit sei, ausschließlich zur Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden gehöre. 
Hieran vermöge auch die Thatsache nichts zu ändern, daß die „Exemtion“ von der öffent- 
lich rechtlichen Verbindlichkeit von P. Hartmann auf einen Vertrag und auf ein Her- 
kommen gegründet werde, und ebensowenig der Umstand, daß der Anspruch in der Form 
einer Rückforderungsklage geltend gemacht worden sei, da „Kondiktionen“ auch auf dem Ge- 
biete des öffentlichen Rechtes vorkämen. — 
Der Vertreter des Klägers stellte den Antrag, den Rechtsweg für zulässig zu erklären, 
und suchte diesen zunächst damit zu begründen, daß nach dem § 13 des Gerichtsverfassungs- 
gesetzes in streitigen Rechtssachen die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte die Regel, die 
Zuständigkeit anderer Behörden aber die Ausnahme bilde, für deren Vorhandensein im 
Einzelfalle eine besondere gesetzliche Bestimmung erforderlich sei. Er trat sodann den Aus- 
führungen, die in der Erklärung und in der Denkschrift der K. Regierung enthalten sind, 
entgegen. — Auch der Generalstaatsanwalt stellte und begründete den Antrag, auszusprechen, 
daß der Rechtsweg zulässig ist. — 
Diesen Anträgen war auch stattzugeben. 
Für die Beantwortung der Frage, ob der Rechtsweg für die Geltendmachung eines 
Anspruchs zulässig sei, ist die innere Natur des streitig gewordenen Rechtsverhältnisses ent- 
scheidend. Maßgebend ist hiebei die Art, wie der Anspruch begründet wird. Nach dem 
Inhalte des Klagvorbringens gründet der Kläger seinen Anspruch auf die behaupteten That- 
sachen, daß er bei Gelegenheit des Erwerbes seines Ziegeleianwesens zu Udlding durch den 
mit dem damaligen Eigenthümer der Amperbrücke Joseph Kleber geschlossenen Vertrag das 
Recht erworben habe, unentgeltlich über diese Brücke zu fahren, daß die Gemeinde Günding 
später von dem Eigenthümer Kleber die Brücke gekauft habe und zwar unter ausdrück- 
licher Anerkennung der bestehenden Fahrtberechtigung. Der Anspruch wird ferner auf die 
Behauptung der Thatsache gestützt, daß der Kläger die Berechtigung zur Fahrt über die 
Brücke durch Ausübung der Fahrt seit unvordenklicher Zeit Seitens der Vorbesitzer seines
	        
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