Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1903. (30)

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Die Zulässigkeit der Erhebung des Zuständigkeitsstreites unterliegt keinem Bedenken, 
da zwar das Amtsgericht Höchstädt a. D. durch das Urteil vom 6. November 1901 den 
Beklagten nach dem Klagantrage verurteilt, den Rechtsweg also für zulässig erachtet hat, 
aber die Entscheidung nicht rechtskräftig geworden, sondern infolge der Einlegung der Be- 
rufung des Beklagten die Sache jetzt bei dem Landgerichte Neuburg a. D. anhängig ist. 
Nach dem Inhalte der Klage beansprucht der Lehrer und Mesner Steinle zu 
Schwennenbach in seiner Eigenschaft als Mesner von dem Soöldner Leonhard Lorenz in 
Schwennenbach die Leistung sogenannter Kirchentrachten für die Jahre 1899, 1900 und 
1901, die er als Eigentümer des Anwesens Nr. 42 in Schwennenbach zu leisten ver- 
pflichtet sei. Im Laufe des Verfahrens, insbesondere in der Berufungsbeantwortungsschrift 
des Vertreters des Klägers, wurde der Anspruch dahin erläutert, daß die rückständigen 
Kirchentrachten in jährlich einem Mettenlaib, einem Laibe Brot auf Bartholomä, einem 
halben Vierling Allerseeleumehl und sieben Fesen= und sieben Roggen-Läutgarben, wovon 
in der Klage nur neun Garben begehrt sind, bestehen. 
Bei der Beantwortung der Frage, ob für die Geltendmachung eines Anspruchs der 
Rechtsweg zulässig ist, kommt es auf die rechtliche Natur des streitigen Rechtsverhältnisses 
und darauf an, ob die zur Begründung des Anspruchs behaupteten Tatsachen an sich ge- 
eignet sind, ihn als einen Anspruch erscheinen zu lassen, dessen Entstehung auf einem dem 
Bereiche des bürgerlichen Rechtes angehörenden Rechtsgrunde beruht. 
Regelmäßig bildet der Pfarrverband die Grundlage der Verbindlichkeit zur Leistung 
von Reichnissen der in der Klage begehrten Art. Solche Reichnisse werden den höheren 
und den niederen Kirchendienern von alters her gewährt zur Erfüllung der Pflicht der 
Kirchengemeinden, für ihre Kirchendiener zu sorgen. In dieser Gestaltung sind die Reich- 
nisse öffentlichrechtlicher Natur und stets nur von Kirchengenossen zu entrichten. Streitig- 
keiten über öffentlichrechtliche Leistungen gehören aber nicht zur Zuständigkeit der ordentlichen 
Gerichte (Gerichtsverfassungsgesetz § 13; Verordnung vom 17. Dezember 1825, die 
Formation, den Wirkungskreis und den Geschäftsgang der obersten Verwaltungsstellen in 
den Kreisen betr., § 50; Gesetz vom 8. August 1878, betr. die Errichtung eines Ver- 
waltungsgerichtshofs und das Verfahren in Verwaltungsrechtssachen, Art. 10 Ziff. 13; 
Meurer, bayerisches Kirchenvermögensrecht, Bd. 2 § 88, § 89 Ziff. I; Sammlung von 
Entsch. des Verwaltungsgerichtshofs Bd. 11 S. 310, Bd. 12 S. 317, Bd. 17 S. 154). 
Allerdings können solche Reichnisse auch privatrechtlicher Natur sein, wenn sie unab- 
hängig vom Kirchenverbande geleistet werden müssen. Die privatrechtliche Natur bildet aber 
nach der ganzen geschichtlichen Entwicklung dieser Reichnisse die Ausnahme, und es ist ins- 
besondere bezüglich der sogenannten Kirchentrachten in der Rechtslehre und in der Recht- 
sprechung anerkannt, daß das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls „unter tatsächlichen
	        
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