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Gegen dieses Urteil legte der Kläger die Berufung ein. Bei der mündlichen Ver—
handlung vor dem Berufungsgerichte machte der Anwalt des Klägers zur Begründung der
Berufung folgendes geltend: Zu entscheiden sei die Frage, ob die Verfügung des Kriegs—
ministeriums vom 24. September 1900, wodurch dem Kläger das ihm im 8 45 der
Remontierungsordnung und im § 18 der Pferdegeldervorschrift gewährte Wahlrecht genommen
wurde, vor den Gerichten angefochten werden kann Die Frage sei zu bejahen. Der
Anspruch des Klägers auf Herausgabe seines bisherigen Chargenpferdes sei ein Teil seines
Gehaltsanspruchs. Werde dieser verkürzt, so könne der aktive Offizier in gleicher Weise den
Rechtsweg betreten wie seine Erben oder wie ein Gläubiger, dem ein Teil des Anspruchs
zur Einziehung überwiesen wurde. Die Offenhaltung des Rechtswegs sei hier um so
nötiger, als der Verwaltungsrechtsweg nicht zulässig und gegen Verfügungen des Kriegs-
ministeriums als der obersten Instanz auch eine Beschwerde nicht möglich ist. Daß die
Remontierungsordnung und die Pferdegeldervorschrift innere militärische Angelegenheiten be-
treffen, sei in einem gewissen Sinne richtig. Diese Vorschriften hätten aber auch einen
privatrechtlichen Inhalt, und gerade die Bestimmungen über den Erwerb der Chargenpferde
seien privatrechtlicher Natur. Es liege ein Kaufvertrag vor. Der Fiskus verkaufe die
Pferde unter Vorbehalt des Eigentums, die Gegenleistung bestehe in dem Unterhalt und
der Pflege, die der Offizier dem Pferde zukommen läßt. Wie der Fiskus den Offizier bei
Gericht belangen müsse, wenn durch dessen Verschulden das Chargenpferd Schaden leidet, so
dürfe auch der Offizier gegen den Fiskus Klage erheben, wenn dieser seine Verpflichtung
aus dem Vertrage nicht erfüllt.
Der Vertreter des Fiskus erwiderte, er lehne es ab, das Verhalten des Kriegs-
ministeriums zu rechtfertigen, obwohl dies leicht geschehen könnte, da es sich um eine
organisatorische Aenderung in der Armee gehandelt habe. Es sei ja nur über die Zulässigkeit
des Rechtswegs zu entscheiden. Diese werde auch jetzt bestritten. Das Dienstverhältnis
des Offiziers sei ausschließlich öffentlichrechtlicher Natur; die Gerichte seien deshalb für die
Entscheidung von Streitigkeiten, die aus dem Dienstverhältnis erwachsen, nicht zuständig.
Dies sei in der Literatur und in der oberstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt. Es handle
sich hier um eine Frage des inneren Dienstes, die von rein militärischem Gesichtspunkt aus
entschieden werden müsse. Die Remontierungsordnung sei kein Gesetz; zudem sei das Kriegs-
ministerium ermächtigt, Aenderungen daran vorzunehmen. Von Gegenleistungen des Klägers
für die Ueberlassung des Chargenpferdes, von einem Kaufe könne nicht gesprochen werden.
Der Offizier erhalte zur Fütterung des Chargenpferdes die vorgeschriebene Ration, für die
Miete des Stalles den Stallpreis und für die Versorgung mit Hufbeschlag u. s. w. die
Entschädigung für die Pferdehaltung. Der Anwalt des Klägers entgegnete noch, diese
Bezüge seien nicht hinreichend, um den Aufwand für das Pferd zu bestreiten; auch könne