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gemischt. Die Marktgemeinde Velden habe im Jahre 1894 ihr Kraukenhaus freiwillig
durch Vertrag der Distriktsgemeinde Vilsbiburg zur Benützung überlassen. Der Distriktsrat
Vilsbiburg habe darauf im Jahre 1894 unter Beiziehung der beteiligten Gemeinden für
die Krankenanstalt neue Satzungen beschlossen und darin die bezeichnete Anstalt zur Distrikts-
anstalt im Sinne des Art. 39 Abs. 2 des Gesetzes, die öffentliche Armen= und Kranken-
pflege betreffend, erklärt, das Eigentum der Gemeinde an dem Hause selbst aber ausdrücklich
anerkannt. Aus diesem Vorbringen ist zu entnehmen, daß im Jahre 1894 eine
Distriktskrankenanstalt im Sinne der Art. 38 Abs. 1 und 39 Abs. 1, 2 dieses Gesetzes
an die Stelle des bis dahin bestehenden, gemäß dem Art. 37 des Distriktsratsgesetzes
gebildeten besonderen Verbands einzelner Gemeinden des Distrikts getreten ist. Weiter
ergibt sich daraus, daß die Klägerin, nicht etwa als untbeteiligte dritte Person,
sondern als Mitglied des früheren Verbands und als Beteiligte an der neuen Anstalt, dieser
ihr Krankenhaus zur Förderung distriktiver Zwecke durch einen besonderen Vertrag als
freiwillige Präzipualleistung zur Verfügung stellte. Dieser Rechtsakt ist Bestandteil der
Errichtung einer Anstalt des öffentlichen Rechts und als solcher notwendig in seinem recht-
lichen Wesen und in seinen rechtlichen Wirkungen den Normen des öffentlichen Rechts
unterstellt. Von einer Leihe im Sinne des Bayerischen Landrechts und des Bürgerlichen
Gesetzbuchs kann keine Rede sein, weil der Gegenstand des Vertrags nicht zum Zmwecke
der Ueberlassung des bloßen Gebrauchs an einen Anderen hingegeben, sondern einer eigen-
artigen Normen des öffentlichen Rechts unterworfenen, nach öffentlichem Recht organisierten
Anstalt von ihrer Mitbegründerin zur Erfüllung ihres nach öffentlichem Recht zu beur-
teilenden Zweckes überlassen wurde. Auch soweit sich die Klage darauf stützt, daß die
Klägerin wegen eigenen Bedürfnisses eines Armenhauses oder wegen Unbrauchbarkeit des
Krankenhauses für den Distrikt berechtigt sei, die überlassene Sache zurückzufordern, könnte
es sich dem Dargelegten zufolge nur um einen auf dem Boden des öffentlichen Rechts
stehenden Anspruch handeln. Dieser Anspruch bezieht sich nur auf die anderartige Gestaltung
des in seiner rechtlichen Natur unveränderten Rechtsverhältnisses.
Aus diesen Gründen war zu erkennen, daß der Rechtsweg nicht zulässig ist.
Also geurteilt und verkündet in der öffentlichen Sitzung des Gerichtshofs für Kompetenz-
konflikte vom 20. Oktober 1903, an der teilnahmen die Räte Osthelder, stellvertretender
Vorsitzender, Kunkel, Keller, Mettenleiter, Reger, Engelhardt, Feder, der
Generalstaatsanwalt von Payr und als Gerichtsschreiber der Sekretär des Obersten
Landesgerichts Schein.
gez. Osthelder.