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Beilage 1 zum Gesetz= und Verordnungsblatte für das Königreich Bayern vom Jahre 1904.7)
Erkenntnis des Gerichtshofes für Kompetenzkonflikte in dem von der Regierung, Kammer des
Innern, von Unterfranken und Aschaffenburg dem Amtsgerichte Kitzingen gegenüber erhobenen
Streite über die Zulässigkeit des Rechtswegs für den von dem protestantischen Pfarrer Heinrich
Schmid in Rödelsee gegen den dortigen Okonomen Adolf Eckstein erhobenen Anspruch auf Zahlung
eines sogenannten Pfarrgelds.
Im Namen Seiner Majestät des Königs von Bayern
erkennt der Gerichtshof für Kompetenzkonflikte in dem von der Regierung, Kammer des
Innern, von Unterfranken und Aschaffenburg dem Amtsgerichte Kitzingen gegenüber erhobenen
Streite über die Zulässigkeit des Rechtswegs für den von dem protestantischen Pfarrer
Heinrich Schmid in Rödelsee gegen den dortigen Okonomen Adolf Eckstein erhobenen
Anspruch auf Zahlung eines sogenannten Pfarrgeldes,
daß der Rechtsweg nicht zulässig ist.
Gründe.
Auf das Gesuch des protestantischen Pfarrers Heinrich Schmid in Rödelsee erließ
das Amtsgericht Kitzingen am 28. Jannar 1903 einen bedingten Zahlungsbefehl, in dem
dem Okonomen Adolf Eckstein in Rödelsee befohlen wurde, das für die Jahre 1900 und
1901 im Betrage von je sechsundachtzig Pfennig und für das zweite Halbjahr 1902 im
Betrage von dreiundvierzig Pfennig fällige Pfarrgeld dem Pfarrer zu zahlen. Da Adolf
Eckstein gegen den Zahlungsbefehl rechtzeitig Widerspruch erhob, lud ihn der Pfarrer Schmid
zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor das Amtsgericht Kitzingen. Er beantragte,
den Beklagten durch ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil zur Zahlung von 2,15
und zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits mit Einschluß der Kosten des Mahnverfahrens
zu verurteilen. Bei der mündlichen Verhandlung am 26. Februar 1903 trug der Kläger
die Klage vor. Er bemerkte dabei, der Beklagte schulde das Pfarrgeld „als Besitzer der
Plannummer 126"“; der Anspruch gründe sich auf den sogenannten Kirchenvergleich vom
27. April 1778, von dem er eine Ausfertigung übergab. Der Beklagte beantragte, die
Klage abzuweisen, weil er nicht mehr Besitzer des Hauses Pl.-Nr. 126 sei. Er habe das
Haus, weil es casällig geworden war, im Jahre 1899 abbrechen müssen; das Pfarrgeld
ruhe aber nach seiner Ansicht nur auf dem Gebäude, nicht auf dem Grund und Boden.
Daß der Kirchenvergleich vom 27. April 1778 noch gilt, erkannte er an. Die Fortsetzung
der mündlichen Verhandlung wurde sodann auf den 5. März und an diesem Tage auf den
*) Ausgegeben zu München den 14. Juli 1904.