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aus, daß die Verhandlung und Entscheidung der über solche Verbindlichkeiten entstehenden
privatrechtlichen Streitigkeiten dem verfassungsmäßigen Wirkungskreise der ordentlichen Gerichte
unter keinem Vorwande entzogen werden soll ..
Es ist daher in allen diesen Beziehungen dem in dem Gesamtbeschlusse über das
Finanz-Gesetz vorgelegten Antrage der Stände längst entsprochen“.
Hiedurch ist der Anordnung des königl. Reskriptes vom 1. Oktober 1830 ebenfalls
materiell Gesetzeskraft verliehen worden, wie solche dem vor der Erlassung der Verfassung
ergangenen k. Reskripte vom 16. Dezember 1810 ohnehin zukommt.
Was in all den aufgeführten gesetzgeberischen Erlassen unter „privatrechtlichen Streitig-
keiten“ verstanden wurde, erhellt aus den Ausführungen des Regierungskommissärs Mini-
sterialrats von Abel in der Sitzung der II. Kammer vom 8. Oktober 1831 (Protokoll-
Nummer 111, S. 31 in den Verh. a. a. O. 20. Bd.), der erklärte:
„Sobald darüber ein allgemeiner Streit entsteht, ob irgend eine physische
oder juridische Person bey einer Kirche oder einem Pfarrhofe die Baulast zu
tragen oder dazu eine Concurrenz zu leisten verbunden sey, — sobald also der
in Anspruch Genommene diese Verbindlichkeit allgemein widerspricht, ist jederzeit
ein streitiges Privatrechtsverhältnis vorhanden; denn es gehören diese Verbind-
lichkeiten dem Gebiete des Privatrechts an.
Die Verhandlung und Entscheidung privatrechtlicher Streitigkeiten aber —
das Richteramt und dergleichen Rechtssachen — steht verfassungsmäßig den
Gerichten, und nur dem Gerichte zu."
Derselbe Redner hob hiebei (a. a. O. S. 25 und 27) hervor, daß die Zuständigkeit
der Verwaltungsbehörden nur auf rein administrative Fragen sich erstrecke, namentlich darauf,
ob, wie und wann zu bauen sei, ob der Fall der Decimatoren-Concurrenz gegeben oder
der Bau von dem Pfründenbesitzer oder aus Kirchenmitteln zu suchen sei und dergl. In
dem gleichen Sinne äußerten sich auch die anderen Redner (vgl. a. a. O. S. 20, 34,
38, 56). Bemerkenswert ist ferner, daß bei dem gleichen Anlasse (a. a. O. S. 35) der
Ministerialrat von Abel betonte, daß hinsichtlich der Verordnung vom 1. Oktober 1830
„die Staatsregierung der Ansicht war, daß sie durchaus nichts Neues enthalte, sondern nur
den Sinn der längst bestandenen Verordnungen, welcher mißverstanden worden, erläntere
und die Mißverständnisse berichtige".
In allen angeführten gesetzgeberischen Erlassen ist kein Unterschied gemacht, je nachdem
es sich bei der Baupflicht um Leistungen wegen des Pfarrverbandes handelt oder nicht;
namentlich überweist das Reskript vom 1. Oktober 1830 und demzufolge auch entsprechend
dem Gesamtbeschluß der beiden Kammern der Landtagsabschied von 1831 „jede Baupflicht-
frage“ der Zuständigkeit der Gerichte. Seitdem wurden in Bayern die Baupflicht= und