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auf Grund des Armen= oder Krankenversicherungsgesetzes Lorenz Ponn, für den die Kosten
aufgewendet worden waren, mit seinem Vermögen aufzukommen hatte, und daß in diese
zweifellos im Privatrechte begründete Verpflichtung nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen seine
Erben eintreten. Das ist der innere Klagegrund, die innere Natur des Rechtsverhältnisses.
Auf die in der Sachverhaltsdarstellung mitangeführten öffentlichrechtlichen Verhältnisse wurde
der Anspruch nicht gestützt und konnte nach der Natur der Rechtslage nicht gestützt werden.
Das dem Ersatzanspruche der Gemeinde zugrunde liegende Rechtsverhältnis muß hiernach als
ein rein privatrechtliches angesehen werden. Das Amtsgericht Berchtesgaden hat ebenfalls
anerkannt, daß der Klaganspruch an sich privatrechtlicher Natur sei, den Rechtsweg aber für
unzulässig erklärt, weil über die von den Ponn 'schen Erben einredeweise geltend gemachte
Zugehörigkeit des Lorenz Ponn zur Krankenversicherung als eine öffentlichrechtliche Inzident-
frage zunächst von den Verwaltungsbehörden zu erkennen sei. Für die Entscheidung über
die Zulässigkeit des Rechtswegs ist lediglich die Natur des Streitgegenstands maßgebend.
Den Streitgegenstand bestimmt aber die Klage, nicht die Verteidigung des Beklagten oder
die Rücksicht auf präjudizielle Rechtsverhältnisse. Der Zivilrichter kann auch über Fragen
des öffentlichen Rechtes als Inzidentpunkte entscheiden, soweit sie das Urteil über den zivil-
rechtlichen Streitgegenstand bedingen. Die Verwaltungsbehörden sind demnach für die Ent-
scheidung der vorliegenden Streitsache nicht zuständig.
Die Entscheidung der Regierung blieb unangefochten. Inzwischen waren von den
Erben des Lorenz Ponn weiter mit Tod abgegangen am 12. Januar 1903 dessen Mutter
Maria Ponn und am 14. April 1903 sein Bruder Johann Ponn. Der Vertreter der
Gemeinde Bischofswiesen ließ nunmehr die Rechtsnachfolger der Verstorbenen zur Aufnahme
des gerichtlichen Verfahrens in die Sitzung des Amtsgerichts Berchtesgaden vom 23. Februar 1906
laden. In diesem Termin erließ das genannte Gericht auf Antrag der Klagpartei ein
Zusatzurteil, wodurch das in der Sache am 8. Februar 1901 ergangene Endurteil a) für
Maria Schwaiger, Kaspar Ponn, Therese Votz und die vier minderjährigen Kinder
des verlebten Josef Ponn, nämlich Josef, Katharina, Peter und Anna Ponn, als
Rechtsnachfolger der Maria Ponn, b) für die Bauerswitwe Katharina Ponn und deren
vier minderjährige Kinder Josef, Katharina, Peter und Anna Ponn als Rechtsnachfolger
des verstorbenen Josef Ponn, c) für Anna Hallinger verwitwete Ponn als Rechts-
nachfolgerin ihres ersten Ehemannes Johann Ponn wirksam erklärt wurde. Die beiden
Urteile des Amtsgerichts Berchtesgaden vom 8. Februar 1901 und 23. Februar 1906
wurden in der Folge ordnungsgemäß zugestellt und sind rechtskräftig geworden. Mit
Schriftsatz vom 23. September 1910 stellte der Rechtsanwalt Dr. Kollmann in
Berchtesgaden namens der Gemeinde Bischofswiesen unter Bezugnahme auf die vorerwähnten
Urteile des Amtsgerichts Berchtesgaden sowie auf den Bescheid der Regierung von Ober-