Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1915. (42)

Nr. 32. 325 
und die Einwilligung der Vertragschließenden zu erörtern, daß sie dagegen stempelpflichtig sein 
sollen, wenn die Schriftform nicht als bloßes Verständigungsmittel zwischen den Vertrag- 
schließenden, sondern in der Absicht gewählt ist, durch schriftliche Fixierung des Vertrags 
eine beweiskräftige Urkunde herzustellen. 
15. Zu Art. 7, 8. 
1 Art. 7 Abs. I regelt die formelle Voraussetzung für den Eintritt der Stempelpflicht. 
Sie soll eintreten mit der Vollendung der Errichtung, also mit der Unterfertigung einer im 
übrigen vollständigen Urkunde oder mit der Einstellung des Namens des Bevollmächtigten 
in eine einstweilen in blanco ausgestellte Vollmachturkunde. In den Fällen, in denen der 
Tarif eine einseitige Erklärung besteuert (z. B. Tarifstellen 2 A, 20C, 3, 13, 24), tritt 
daher die Steuerpflicht schon ein, wenn die Erklärung beurkundet ist, bei zweiseitigen Ver- 
trägen dagegen (z. B. Tarifstellen 9, 17, 18, 23 usw.) müssen, wenn die Steuerpflicht 
eintreten soll, alle Parteierklärungen beurkundet sein. 
II Nach Art. 7 Abs. II soll ferner, wenn die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts von der 
Genehmigung oder dem Beitritt einer Behörde oder eines Dritten abhängig ist, die Urkunde 
vor der Erteilung dieser Genehmigung oder vor der Erklärung des Beitritts nicht stempel- 
pflichtig sein. Dies gilt jedoch nur für den Fall, daß nach der Rechtslage zur Rechts- 
wirksamkeit des Rechtsgeschäfts die Genehmigung oder der Beitritt der Behörde oder des 
Dritten notwendig ist, nicht auch für den Fall, daß die Parteien das Rechtsgeschäft unter 
der Bedingung vereinbaren, daß ein Dritter zustimmt oder beitritt. Im letzteren Falle ist 
der Art. 8 Abs. II einschlägig. Ist z. B. zu einem Kaufvertrage wegen Minderjährigkeit 
des Verkäufers die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich, so wird dieser Vertrag 
erst stempelpflichtig, wenn die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erteilt ist. Anders, 
wenn nach den Vertragsbestimmungen ein Anwesen nur dann verkauft sein soll, wenn dem 
Käufer darauf eine Wirtschafts= oder Apotheken-Konzession erteilt wird. In diesem Falle 
liegt eine aufschiebende Vertragsbedingung im Sinne des Art. 8 Abs. II vor. 
III Die Stempelpflicht einer Urkunde bemißt sich ausschließlich nach ihrem Inhalte (Art. 8), 
was sich aus der Natur des Stempels als einer Urkundensteuer ohnedies ergibt. Umstände, 
die sich nicht aus der Urkunde selbst ergeben, dürfen stempelrechtlich nicht berücksichtigt werden. 
Für die Fälle, in denen auch aus dem Inhalte der Urkunde nicht erkennbare Umstände bei 
Beurteilung der Stempelpflicht in Betracht zu kommen haben, sind im Gesetz und im Tarife 
besondere Bestimmungen getroffen (z. B. § 8 Abs. II Satz 2, Abs. III. Tarisstelle 8 
Abs. III c, d „erweislich“, Tarifstelle 23 Abs. II, III „erweislich“). Für die Ermittelung 
des rechtsgeschäftlichen Inhalts einer stempelpflichtigen Urkunde gelten die allgemeinen Grund- 
sätze über die Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen, namentlich der Grundsatz, daß bei
	        
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