A. Allgemeine
Vorschriften.
Zu Art. 1.
614
Vollzugsanweifung zum Armengesetze.
§ 1.
1 Die gesetzlichen Grundlagen des neuen bayerischen Armenpflegerechts sind:
1. Das Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz (UWG.) in der Fassung vom
7. Juni 1908 (RBl. 1908 S. 381),
2. das bayerische Armengesetz vom 21. August 1914 (GWVBl. S. 551).
II Das Reichsgesetz befaßt sich mit der Regelung des Armenpflegerechts zwischen den
Bundesstaaten und innerhalb dieser nur soweit in eigener Zuständigkeit, als die Heimat-
und Niederlassungsverhältnisse (Reichsverfassung Art. 4 Ziff. 1) in Frage kommen.
III Das Armengesetz regelt die übrigen Gegenstände des Armenpflegerechts im Abschnitt 1
(Art. 1—88). Ein Abschnitt II (Art. 89—101) enthält die Gesetzesänderungen, die sich
wegen des Wegfalls der Heimat und aus sonstigen Gründen als notwendig erwiesen haben,
ein Abschnitt III (Art. 101—106) Schluß= und Übergangsvorschriften. Die Vollzugsan=
weisung beschränkt sich auf den Abschnitt I. Zum Abschnitt II bleibt, soweit veranlaßt,
besondere Entschließung vorbehalten.
§ 2.
Die allgemeinen Vorschriften (Art. 1—15) gelten in gleicher Weise für die Orts= wie
für die Landarmenverbände. Sie befassen sich in der Hauptsache mit den Aufgaben der
öffentlichen Armenpflege, mit den Voraussetzungen, der Art und dem Maße der öffentlichen
Unterstützung, mit den Ansprüchen der öffentlichen Armenpflege gegen unterstützte Personen
und deren Nachlaß sowie gegen Unterhaltspflichtige, mit den Ersatzansprüchen von Privat-
personen für geleistete Armenhilfe und mit dem Gebührenwesen in der Armenpflege.
§ 3.
1 Die öffentliche Unterstützung Hilfsbedürftiger (Art. 1 Ziff. 1) ist eine Pflichtauf-
gabe der öffentlichen Armenpflege. Sie ergibt sich bei Deutschen aus dem UWWG. 88 2,
28—30V, 31—33, bei Nichtdentschen aus § 60 und dem Armengesetz Art. 62.
I Zu beachten ist, daß jeder Deutsche in jedem Bundesstaat in Bezug auf Art und
Maß der öffentlichen Unterstützung, die bei Hilfsbedürftigkeit zu gewähren ist, und auf den
Erwerb und Verlust des Unterstützungswohnsitzes als Inländer zu behandeln ist. Mit dem
Inkrafttreten des UW. in Bayern erstreckt sich der Geltungsbereich dieses Gesetzes auf
das ganze Reichsgebiet; § 7 des Freizügigkeitsgesetzes hat daher künftig für die Ange-
hörigen aller deutschen Bundesstaaten keine Geltung mehr. Vergl. U WG. § 1.