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entschließung vom 2. August 1905 für vollziehbar erklärten ortspolizeilichen Vorschriften
bestimmen in dem
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„Fleisch von Rindvieh, Schweinen, Schafen, Ziegen, Pferden und Hunden, welches
zum Zwecke der Verwendung zum menschlichen Genusse in die hiesige Stadt eingeführt wird,
ist unmittelbar nach der Einfuhr dem Fleischbeschauer zur Besichtigung im Schlachtviehhofe
vorzulegen und darf zuvor in die Wohnungen der Empfänger, auf den Markt oder in die
Verkaufsläden nicht verbracht werden. Als Fleisch im Sinne dieser Vorschrift ist nicht
bloß das frische, sondern auch das zubereitete Fleisch von Schlachttieren zu verstehen, also
insbesondere auch Fette und Würste, Schinken und überhaupt geräuchertes Fleisch, Speck.
Würste und Schinken fallen unter diese Bestimmung nicht, wenn sie nicht zum Zwecke
des Wiederverkaufs hier eingebracht werden.“
Der Gewerkschaftssekretär Karl Werthmüller unterließ als Leiter der Verkaufs-
stelle des „Allgemeinen Konsumvereins Amberg“ in wiederholten Fällen, das von auswärts
bezogene Rauchfleisch und die in das Stadtgebiet eingebrachten Wurstwaren dem Fleisch-
beschauer zur Besichtigung im Schlachtviehhofe vorzulegen und die Beschaugebühren zu zahlen.
Es wurde daher gegen ihn Anklage wegen Ubertretung des Art. 74 Abs. 1 Ziff. 1 des
Polizeistrafgesetzbuchs, des § 9 der ortspolizeilichen Vorschriften betreffend die Fleischbeschau
und der nach Art. 41 der rechtsrheinischen Gemeindeordnung erlassenen ortspolizeilichen
Vorschriften vom 7. Oktober 1908 erhoben. Das Strafverfahren führte zur Freisprechung
des Angeklagten. Die vom Staatsanwalte gegen das Urteil der Strafkammer des Land-
gerichts Amberg vom 22. August 1913 eingelegte Revision wurde durch das Urteil des
Strafsenats des Obersten Landesgerichts vom 22. November 1913 mit der Begründung
verworfen, daß der § 9 der ortspolizeilichen Vorschriften betreffend die Fleischbeschau inso-
weit keine rechtliche Gültigkeit habe, als er allgemein anordnet, daß auch anderes als frisches
Fleisch einer abermaligen amtlichen Untersuchung zu unterwerfen und zu diesem Zweck in
den Schlachtviehhof zu verbringen und die Beschaugebühr zu zahlen sei.
Am 11. April 1914 erhob der Kaufmann Ottmar Tröger in Amberg Klage bei
dem Landgericht Amberg gegen die Stadtgemeinde Amberg mit dem Antrage, die Beklagte
zur Zahlung von 1432 Hauptsache nebst Zinsen hieraus zu vier vom Hundert seit
dem Tage der Klagezustellung und zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits zu verurteilen.
Zur Begründung machte er geltend, die Beklagte habe von dem Kläger in der Zeit von
April 1910 bis 1913 1432 & als Gebühren für die Beschau von eingeführtem Rauch-
fleisch und Wurstwaren eingehoben. Der Protest des Klägers gegen die Einhebung sei un-
beachtet geblieben. Die ortspolizeilichen Vorschriften über die Fleischbeschau, auf welche die
Gebührenerhebung gestützt wurde, entbehrten aber gerade in dem einschlägigen Teile der