Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1848. (14)

(165 ) 
/W 60) Verordnung, 
die Benachrichtigung der Pfarrer von Ehescheidungen betreffend; 
vom öten August 1848. 
D. es in Rücksicht auf manche pfarramtliche Handlungen und Pflichten von Wichtigkeit 
ist, daß die Pfarrer davon sichere Nachricht erhalten, ob Eheleute ihrer Kirchfahrt, unter 
denen Eheirrungen entstanden und nach fruchtlosem Sühneversuche durch Anträge auf Ehe- 
scheidung oder Nichtigerklärung der Ehe zur Verhandlung vor den Ehegerichten gediehen, 
nach der Zeit wirklich geschieden worden sind, gleichwohl nach den zeitherigen Vorschriften 
eine amtliche Kunde hiervon den Pfarrern in der Regel nicht, sondern nur bei besonderer 
Veranlassung, wie im Falle der anderweiten Verehelichung eines geschiedenen Ehegatten, zu- 
zugehen pflegt, so wird hierdurch Folgendes verordnet: 
1. Sämmtliche Ehegerichte haben, wenn in den vor ihnen anhängigen Ehesachen die 
gänzliche Scheidung oder die Nichtigkeit des Ehebündnisses definitio ausgesprochen worden 
und das dieselbe aussprechende Erkenntniß in Rechtskraft getreten ist, dem Pfarrer, welcher 
den in § 56 des Gesetzes über privilegirte Gerichtsstände 2c. vom 28sten Januar 1835 
(Seite 85 des Gesetz= und Verordnungsblattes vom Jahre 1835) vorgeschriebenen Sühne- 
versuch gehalten hat, hiervon in Kürze Nachricht zu geben. 
2. In den Fällen, wo nach Vorschrift des angeführten Gesetzes um deswillen, weil 
einer der Ehegatten Katholik ist, ein doppelter Sühneversuch, sowohl vor dem Pfarrer des 
einen, als vor dem Pfarrer des andern Theils Statt gefunden hat, sind diese Pfarrer beide, 
wie vorstehend, zu benachrichtigen. · 
3. Ist bei Ehegatten, welche sich in einer Strafanstalt oder in einer der allgemeinen 
Heil= und Versorgungsanstalten befinden, der Sühneversuch in Gemäßheit § 18 der Ver- 
ordnung, die Anwendung einiger Bestimmungen in den Gesetzen vom 2 Ssten Januar 1835 
betreffend, vom gten April 1836 (Seite 89 des Gesetz= und Verordnungsblattes vom 
Jahre 1836) von dem Pfarrer der Anstalt gehalten worden, so ist die oben vorgeschriebene 
Benachrichtigung an den Pfarrer des Wohnortes des Ehemannes zu richten. 
4. Die unter 1 vorgeschriebene Benachrichtigung des Pfarrers kann jedoch unterbleiben, 
wenn letzterer als geistlicher Beisitzer des Ehegerichts (§ 55 des angeführten Gesetzes) an 
der Abfassung des die Chescheidung oder die Nichtigkeit des Ehebündnisses definitiv ausspre- 
chenden Erkenntnisses selbst Theil genommen hat. 
Dresden, am öten August 184 8. 
Ministerium der Justiz. 
D. Braun. 
Manitius. 
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