Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1862. (28)

Unmittelbarkeit 
der 
Vernehmung. 
Besondere Be— 
stimmungen. 
Fortsetzung. 
(128 ) 
Drittes Capitel. 
Von der Vernehmung des Angeschuldigten. 
& 138. Der Angeschuldigte ist mündlich zu vernehmen und zu diesem Behufe, insoweit 
nicht die Besorgniß einer Gewalthandlung vorhanden ist, was solchenfalls im Protocolle zu 
bemerken ist, fessellos vor das Untersuchungsgericht zu stellen. Neben der mündlichen Ver- 
nehmung können aber noch schriftliche Auslassungen und Nachweisungen von dem Angeschuldigten 
erfordert oder ihm nachgelassen werden. 
139. Ist der Angeschuldigte der deutschen Sprache nicht kundig, so soll die Bernehm- 
ung mit Zuziehung eines der fremden Sprache kundigen Dollmetschers geschehen. 
Hierbei sind die Fragen des Gerichts sowohl, als die Antworten des Angeschuldigten von 
dem Dollmetscher in der fremden Sprache und von dem Protocollführer in der deutschen Sprache 
niederzuschreiben. Der Dollmetscher hat die Niederschrift dem Angeschuldigten behufs der Ge- 
nehmigung vorzulesen oder vorzulegen. Ist der Dollmetscher jedoch des Schreibens in der 
fremden Sprache nicht kundig, so hat er das von dem Gerichte aufgenommene Protocoll dem 
Angeschuldigten behufs der Genehmigung in die fremde Sprache zu übersetzen. 
Der Vernommene kann jedoch auch seine Antworten in der Ursprache selbst niederschreiben 
und zu dem gerichtlichen Protocolle übergeben, in welchem Falle der Dollmetscher etwaige Ab- 
weichungen des Niedergeschriebenen von den ihm mündlich gemachten Mittheilungen dem Ge- 
richte sofort anzuzeigen hat. 
Das gerichtliche Protocoll ist dem Dollmetscher zur Genehmigung vorzulesen, beziehendlich 
vorzulegen. 
*140. Personen, welche der Rede mächtig sind, denen der Richter aber nur durch die 
Schrift sich verständlich machen kann, sind die Fragen schriftlich vorzulegen; Personen, welche 
schreiben können und des Gehörs mächtig sind, aber nicht sprechen können, sind mit schriftlichen 
Antworten zu hören, und Personen, welche weder der Sprache, noch des Gehörs mächtig sind, 
aber lesen und schreiben können, sind die Fragen des Richters schriftlich und zur schriftlichen 
Beantwortung vorzulegen. 
Bei Personen, die nur durch Zeichen sich verständlich machen können oder denen die Frage 
nur durch Zeichen verständlich gemacht werden kann, ist ein der Zeichensprache kundiger Doll- 
metscher beizuziehen. Bei Antworten, welche der Befragte durch allgemein verständliche Zeichen 
giebt, bedarf es der Vermittlung eines Dollmetschers nicht. 
Ueber die Art der Befragung, den Gang und die Ergebnisse des Verhörs, ist nach Maaß- 
gabe von §§ 101, 102 ein Protocoll aufzunehmen. 
Dasselbe ist dem Vernommenen, wenn er des Gehörs nicht mächtig ist, jedoch lesen kann, 
behufs der Genehmigung und Unterzeichnung zum Durchlesen vorzulegen. Ist auch das Letztere
	        
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