Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1862. (28)

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Straferhöhungsgrundes auf eine solche Strafe erkannt werden kann. Es kann daher z. B. 
deshalb allein, weil mehrere Verbrechen gleichzeitig vorliegen, oder das Verbrechen im Rückfalle 
verübt worden und in Folge dessen eine höhere Strafe verwirkt ist, die Vertheidigung 
nicht als nothwendig angesehen werden. Hieraus folgt, daß bei einem einfachen Diebstahle 
(Art. 276 des Strafgesetzbuchs), sowie bei einer dem einfachen Diebstahle gleichgestellten 
Erpressung (Art. 283), Betrügerei (Art. 2 85, 3) und Unterschlagung, soweit die zuletzt 
gedachten Verbrechen nach Art. 289, 2 zu bestrafen sind, die Vertheidigung eine nothwendige 
ist, wenn ein Betrag von mehr als fünfzig Thalern festgestellt worden, nicht aber auch dann, 
wenn mehrere solche Verbrechen vorliegen, und bei allen zusammen genommen, jedoch nicht 
schon bei einem derselben der Betrag von fünfzig Thalern überstiegen wird. Insbesondere 
vermag die Anwendung der Vorschrift in Art. 299 unter 3 des Strafgesetzbuchs die Noth- 
wendigkeit der Vertheidigung nicht herbeizuführen. 
Es macht keinen Unterschied, ob das (einfache) Verbrechen unter erschwerenden Umständen 
(Art. 277 des Strafgesetzbuchs, § 5 8 des Militärstrafgesetzbuchs) verübt worden ist (vergl. 
auch Art. 2 83 Abs. 1 am Ende, Art. 285 unter Nr. 2 des Strafgesetzbuchs). 
Bei einem ausgezeichneten Diebstahle, insoweit die Höhe der Strafe von dem Betrage 
abhängig gemacht worden ist (Art. 278 des Strafgesetzbuchs) und entsprechend auch bei den 
gleichgestellten Fällen der Erpressung (Art. 283 Abs. 2), des Betrugs (Art. 285 Nr. 1) 
und der Unterschlagung (Art. 289 Nr. 1)0 ist die Vertheidigung nur dann eine nothwendige, 
wenn ein Betrag von mehr als zehn Thalern festgestellt worden ist. Dagegen ist sie stets 
nothwendig in den übrigen Fällen des ausgezeichneten Diebstahls. 
Bei einer Unterschlagung, welche nach Art. 289, 3 des Strafgesetzbuchs zu beurtheilen 
ist, ist die Vertheidigung niemals eine nothwendige. 
Schreibt dagegen das Strafgesetzbuch vor, daß die angedrohte Strafe eines bestimmten 
Verbrechens wegen eines in dem Strafgesetzbuche erwähnten besonderen Erhöhungsgrundes, 
wie z. B. Art. 1 48 Abs. 3 auf das Doppelte oder bis auf die Hälfte erhöht werden könne 
oder solle, so ist, wenn der gedachte Erschwerungsgrund in dem Verweisungsbeschlusse ange- 
nommen worden ist, und diese Erhöhung der Strafe, wenn auf sie erkannt werden sollte, bis 
zu der obgedachten Strafhöhe führen könnte, die Vertheidigung eine nothwendige. 
Wenn das Strafgesetzbuch bei einzelnen Verbrechen Abstufungen nach der Schwere der 
Strafe macht, dergestalt, daß in den niederen Abstufungen Gefängniß= oder eine geringere als 
vierjährige Arbeitshausstrafe, in den höheren Abstufungen aber eine schwerere Strafe in maximo 
angedroht ist, so ist die Vertheidigung eine nothwendige, wenn auf eine dieser höheren Abstuf- 
ungen die Anschuldigung gerichtet ist (vergl. z. B. Art. 163, Art. 167, Art. 173, Art. 278, 
Art. 305 in Verbindung mit Art. 306 des Strafgesetzbuchs). 
Die Nothwendigkeit der Vertheidigung fällt dagegen deshalb nicht weg, weil ein Straf-
	        
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