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& 712. Ist die Zeit dahin, daß die Leistung „ehestens“, „sobald als möglich oder
thunlich", „bei guter Gelegenheit“ und auf ähnliche Weise, oder dahin bestimmt, daß sie
„nach und nach“ und in nicht näher angegebenen Fristen geschehen soll, so hat der Verpflich-
tete in angemessenen Fristen, welche nach richterlichem Ermessen festzusetzen sind, zu erfüllen.
Bei Geldschulden, für welche die Zahlungszeit in allgemeinen Ausdrücken der ersteren Art be-
stimmt worden ist, kann der Schuldner vor Ablauf eines halben Jahres nach Entstehung der
Schuld zur Zahlung nicht angehalten werden.
713. Ist die Erfüllung einer Forderung auf ein künftiges Ereigniß nicht als Be-
dingung, sondern als Zahlungszeit gestellt, und fällt das Ereigniß weg, so tritt mit dem Weg-
falle desselben die Erfüllungszeit ein.
& 714. Soll die Leistung in „einigen“ oder „etlichen“ Jahren, Monaten, Wochen oder
Tagen erfolgen, so sind darunter zwei, vom Tage der Entstehung der Forderung an gerechnet,
zu verstehen. "6
8 715. Ist die Zeit der Leistung dem Belieben des Verpflichteten anheimgegeben, so
kann die Erfüllung sofort nach dessen Tode von dessen Erben gefordert werden. Bei Leistungen,
welche von dem Verpflichteten in Person zu einer ihm beliebigen Zeit erfolgen sollen, ist die
Zeit nach richterlichem Ermessen zu bestimmen.
* 716. Vor der bestimmten Zeit kann der Berechtigte die Erfüllung nicht fordern.
& 717. Der Verpflichtete kann nur dann vor der bestimmten Zeit erfüllen, wenn die
Zeitbestimmung blos zu seinen Gunsten getroffen worden ist oder der Gläubiger einwilligt.
Im Zweifel ist anzunehmen, daß eine Zeitbestimmung blos zu Gunsten des Verpflichteten
erfolgt ist.
8 718. Zahlt ein Schuldner eine verzinsliche Schuld im Voraus, so hat er die Zinsen
auf die Zeit zwischen der Zahlung und Fälligkeit der Schuld mit zu entrichten.
7119. Zahlt ein Schuldner eine unverzinsliche oder niedriger, als mit den höchst-
erlaubten Zinsen, zu verzinsende Schuld, so ist er nicht berechtigt, ohne Einwilligung des
Gläubigers einen Abzug aus dem Grunde zu machen, weil dieser in Folge der Vorausbezahl=
ung einen Gewinn machen kann.
& 720. Kommt es in Folge der Einwilligung des Gläubigers oder aus anderen Grün-
den bei Vorausbezahlung einer unverzinslichen Schuld zu einem Abzuge, so ist nur eine
Summe zu zahlen, welche, wenn man zu derselben den Betrag der von ihr bis zur Verfallzeit
der Schuld zu ziehenden Zinsen zu fünf vom Hundert hinzurechnet, dem Betrage der ursprüng-
lichen Schuld gleichkommt. Dieselbe Berechnungsweise kommt bei Vorausbezahlung von
Schulden, welche mit geringeren Zinsen als fünf vom Hundert zu verzinsen sind, zur An-
wendung.