Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1863. (29)

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837. Fehlt es an der Willensübereinstimmung der vertragschließenden Personen, weil 
die eine oder beide die Willenserklärung der anderen unrichtig auffassen, so ist der Vertrag 
nichtig, wenn das Mißverständniß wesentliche Punkte des Vertrages betrifft. 
]38. Ist der Wille des Einen auf ein Rechtsgeschäft anderer Art gerichtet, als der 
Wille des Anderen, oder geht der Wille beider Theile auf verschiedene einzelne Sachen oder 
verschiedene Gattungen von Sachen, überhaupt nicht auf denselben Gegenstand, so ist der Ver- 
trag nichtig. 
*839. Bezieht sich der Irrthum auf eine Menge oder Summe, so gilt ein einseitiger 
Vertrag, und wenn eine größere Menge oder Summe versprochen als gefordert worden ist, 
auch ein gegenseitiger Vertrag rücksichtlich der geringeren Menge oder Summe. Ist bei einem 
gegenseitigen Vertrage eine geringere Menge oder Summe versprochen als gefordert worden, 
so ist der Vertrag nichtig, ausgenommen wenn sich Derjenige, welcher dafür die Gegenleistung 
zu geben hat, mit dem versprochenen geringeren Betrage einverstanden erklärt. 
840. Trifft der Wille der vertragschließenden Personen in Nebenpunkten, welche auf 
die Eingehung des Vertrages keinen Einfluß haben, nicht zusammen, so wird der Irrthum so 
betrachtet, als ob über den Nebenpunkt nichts verabredet worden wäre. 
841. Frren sich von den vertragschließenden Personen eine oder beide über die Iden- 
tität der anderen, so ist der Vertrag nichtig, wenn der Irrende nur mit der Person, für welche 
er den Anderen hielt, den Vertrag einzugehen beabsichtigte. Irrt sich der Eine über persönliche 
Eigenschaften des Anderen, ohne welche die Erfüllung des Vertrages unmöglich ist, so ist der 
Vertrag nichtig. ·- 
8842IrrtsichdereineTheilüberdieJdentitäTderSacheoderüberderenaus- 
drücklich von ihm vorausgesetzten Stoff, ohne welchen dieselbe zu einer anderen Gattung oder 
Art von Sachen zu rechnen sein würde und welcher für sie wesentlich ist, so ist der Vertrag 
nichtig. 
8843. Ir allen Fällen, wo der Vertrag wegen Irrthumes nichtig ist, genügt das Vor- 
handensein des Irrthumes, ohne daß es auf dessen Entschuldbarkeit ankommt. 
8 844. Ist der irrende Theil durch eigene Verschuldung in den Irrthum gerathen und 
hat der andere um den Irrthum desselben nicht gewußt, so ist der erstere zum Ersatze des durch 
seine Verschuldung dem letzteren verursachten Schadens verpflichtet. 
6845. In anderen, als den bisher angegebenen Fällen, insbesondere auch, wenn in den 
blosen Beweggründen zu Schließung des Vertrages geirrt worden ist, hat der Irrthum keinen 
Einfluß auf die Gültigkeit und Wirksamkeit des Vertrages, vorbehältlich der Folgen eines dabei 
vorgekommenen Betruges. 
s#46. Hat ein Stellvertreter einen Vertrag geschlossen, so ist nur sein Irrthum unter 
den sonstigen Voraussetzungen wirksam, ausgenommen wenn der Vertretene, mit der Beschaffen- 
heit der Sache bekannt, zu dem. Abschlusse des Vertrages Auftrag gegeben hat.
	        
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