Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1863. (29)

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4262. Wenn der Besitz zu Anfang und am Ende der Ersitzungszeit als vorhanden 
nachgewiesen wird, so wird die Fortdauer desselben in der Zwischenzeit vermuthet. 
* 263. Wer den Besitz durch Uebergabe erlangt hat, kann den Ersitzungsbesitz seines 
unmittelbaren Vorgängers und der weiteren Vorgänger seinem Ersitzungsbesitze hinzurechnen. 
6 264. Bei der Erbfolge werden der Ersitzungsbesitz des Erblassers, die Zeit bis zur 
Besitzerwerbung durch den Erben und der Ersitzungsbesitz des Erben zusammengerechnet, vor- 
ausgesetzt, daß der Zusammenhang nicht durch den Besitz eines Dritten unterbrochen worden 
ist. Dasselbe gilt bei Vermächtnissen und Anwartschaften, bei welchen auch Zusammenrechnung 
des Besitzes des Erben, des Vermächtnißnehmers oder Anwärters stattfindet. 
§ 265. Der Besitz muß während der ganzen Ersitzungszeit in redlichem Glauben aus- 
geübt worden sein. 
* 266. Die Unredlichkeit des Besitzvorgängers hindert den redlichen Besitznachfolger 
oder Erben nicht, die Ersitzung von der Zeit seines Besitzes anzufangen. 
§ 267. Der Besitz ist ein unredlicher, wenn dem Besitzer das seiner Eigenthums- 
erwerbung entgegenstehende Hinderniß bei Erwerbung des Besitzes bekannt war oder während 
der Ersitzungszeit bekannt wurde, oder wenn seine Unkenntniß des Hindernisses auf einem nicht 
entschuldbaren Irrthume beruht. 
#268. Als rechtmäßig gilt der Besitz, welcher in Folge eines Rechtsgrundes erwerben 
wurde, der geeignet gewesen wäre, Eigenthum zu verschaffen, jedoch wegen eines in dem ein- 
zelnen Falle entweder von Anfang an vorhandenen oder später eingetretenen Hindernisses die 
Eigenthumserwerbung nicht zur Folge hat. 
* 269. Nimmt der Besitzer irrthümlich an, daß ein Hinderniß seiner Erwerbung vor- 
handen sei, während dieses nicht vorhanden ist, oder nimmt er irrthümlich einen anderen Er- 
werbungsgrund an, als welcher vorhanden ist, so steht dieß der Ersitzung nicht entgegen. 
* 270. Der Erbe, welcher Sachen als zur Erbschaft gehörig besitzt, kann eine vom 
Erblasser an diesen Sachen begonnene Ersitzung nur mit dem Rechtsgrunde fortsetzen, welchen 
der Erblasser für sich hatte. Besaß der Erblasser die Sache ohne einen zur Ersitzung geeigne- 
ten Rechtsgrund, so giebt das Erbrecht dem Erben, welcher den Besitz ergriffen hat, keinen zur 
Ersitzung geeigneten Rechtsgrund. Dasselbe gilt bei Sachen, welche der Erblasser nicht inne 
hatte, der Erbe aber für Erbschaftssachen hielt und als Erbe in Besitz nahm. 
6271. Ein Nichterbe, welcher einen Berufungsgrund zur Erbschaft für sich hat, der 
wegen eines vom Anfange vorhandenen oder später eingetretenen Hindernisses unwirksam ist, 
und als vermeintlicher Erbe den Besitz von Sachen ergreift, welche der Erblasser inne hatte, 
hat in dem Berufungsgrunde einen zur Ersitzung geeigneten Rechtsgrund, wenn ihm nicht die 
Unredlichkeit des Besitzes nachgewiesen werden kann. Die Ersitzung aus diesem Rechtsgrunde 
kann dem wahren Erben gegenüber nicht geltend gemacht werden.
	        
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