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4. Der Zweck der Erklärung des Belagerungszustandes in Friedenszeiten ist, die
durch Aufruhr entstandene dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch möglichst
baldige Wiederherstellung der gestörten inneren Ruhe dauernd zu beseitigen.
Diesen Gesichtspunkt muß der Militair-Befehlshaber bei Ausübung der in seine
Hand gelegten vollziehenden Gewalt festhalten.
Die Hauptsache bleibt hierbei, sowie überhaupt bei jedem selbstständigen Handeln
eines Militair-Befehlshabers, zum Zwecke der Wiederherstellung der inneren Ruhe und
der Ausführung der Gesetze, daß der Militair-Befehlshaber sich nicht scheut, mit seiner
Persönlichkeit vorzutreten, und daß er niemals zögert, die Verantwortlichkeit
für ein entschiedenes Handeln zu übernehmen.
5. In Festungen geht die provisorische Erklärung des Belagerungszustandes
von dem Festungs-Commandanten aus. Ein Antrag des Verwaltungs-Chefs des
Regierungs-Bezirks ist nicht erforderlich, um eine Festung provisorisch in Be-
lagerungszustand zu erklären. Der Festungs-Commandant handelt hierin nach eigenem
pflichtmäßigen Ermessen, weil er Seiner Majestät dem Könige für die ihm anvertraute
Festung mit Leib und Leben verantwortlich ist.
6. Von der provisorischen Erklärung des Belagerungszustandes ist in einem jeden
einzelnen Falle Seiner Majestät dem Könige sofort Meldung zu machen. — Zugleich
ist darüber an das Kriegsministerium ausführlich zu berichten, um dadurch den Kriegs-
minister in den Stand zu setzen, die Bestätigung des Belagerungszustandes bei dem
Staatsministerium ungesäumt zu beantragen.
7. In den Wirkungen bleibt es sich gleich, ob der Belagerungszustand provisorisch,
oder durch das Staatsministerium definitiv erklärt wird; nur die Vollstreckung kriegs-
gerichtlicher Erkenntnisse bleibt bei der provisorischen Erklärung des Belagerungs-
zustandes bis zu seiner Bestätigung ausgesetzt.
8. Soll der Belagerungszustand provisorisch erklärt werden, so ist dies an
geeigneten Plätzen durch Trommelschlag oder Trompetenschall in folgender Art zu
verkünden:
„Auf den Antrag des
(oder wenn dies, bei Gefahr im Verzuge, ohne Antrag des Verwaltungs-
Chefs des Regierungs-Bezirks geschieht)
Auf meinen des N. Befehl wird der Ort N. mit einem ein= (event. zwei-,
drei-) meiligen Umkreise (oder der N. Kreis, Regierungs-Bezirk) provisorisch
hierdurch in Belagerungszustand erklärt. Die vollziehende Gewalt geht hier-
durch an mich über.
Die näheren Verordnungen werde ich sofort bekannt machen lassen."“