Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1872. (38)

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8 3. Lehen jeder Art unterliegen in Betreff aller auf sie Bezug habenden Rechts— 
verhältnisse ausschließlich den Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Rechts, wenn 
rücksichtlich ihrer der Vorbehalt der gesammten Hand von Seiten eines früheren Be— 
sitzers oder Mitbesitzers oder eine Belehnung mit der gesammten Hand nicht statt— 
gefunden hat, oder wenn die mit der gesammten Hand Beliehenen und deren lehns— 
folgeberechtigten Abkömmlinge ausgestorben sind, oder wenn die mit der gesammten 
Hand Beliehenen oder deren Rechtsvorgänger dem Lehnseigenthümer die freie Ver— 
fügung über das Lehen unter den Lebenden und auf den Todesfall eingeräumt haben. 
& 4. Auf Lehen, welche zugleich Gegenstand eines Familienfideicommisses sind, 
findet die Bestimmung im § 3 auch dann Anwendung, wenn die Personen, denen nach 
Lehurecht eine Anwartschaft auf das Lehen zusteht, eine gleich nahe oder nähere An- 
wartschaft kraft des Fideicommisses haben oder aus einem besonderen Rechtsgrunde an 
die auf dem Fideicommiß beruhende Folgeordnung gebunden sind. 
5.#at der Mitbelehnte oder dessen Rechtsvorgänger dem Lehnseigenthümer die 
freie Verfügung über das Lehen auf den Todesfall eingeräumt, so geht das Lehen an 
die Erben des letzten Lehnseigenthümers mit der Antretung der Erbschaft desselben, 
oder an die sonst durch letztwillige Verfügungen oder durch Erbvertrag dazu berufenen 
Personen, vorbehältlich der Bestimmungen im § 2286 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 
unmittelbar über; es ist jedoch dessenungeachtet beim Eintritte dieses Anfalls das dem 
Mitbelehnten für die Abtretung des Lehens Versprochene nach Maßgabe der betreffen- 
den Verabredung zu gewähren. Dem Mitbelehnten steht auch schon vor Eintritt des 
Lehnsanfalls ein gesetzlicher Rechtsgrund zur Erwerbung einer Hypothek an dem Lehen 
wegen des ihm für den Fall des Anfalls zu Gewährenden zu. 
§ 6. Rücksichtlich derjenigen Lehen, welche nicht unter die Bestimmungen im 8 3 
fallen, bleiben die lehnrechtlichen Vorschriften und Grundsätze in Gültigkeit, insoweit 
nicht nachstehend etwas Anderes angeordnet wird. 
§# 7. Der nach dem Lehnsfolgerechte begründete Anspruch auf den Erwerb eines 
Lehens wird, vorbehältlich der Vorzugsrechte, welche nach Lehnrecht das Geschlecht ge- 
währt, durch persönliche Eigenschaften oder Verhältnisse des Berechtigten im Verhält- 
nisse zu anderen Lehnsfolgeberechtigten weder aufgehoben noch beschränkt. 
&tZum Erwerbe und zur Erhaltung von Rechten in Bezug auf Lehen ist Ein- 
willigung des Lehnsherrn, Verleihung, Lehnsauflassung, Suchung und Befolgung der 
Lehn oder Erneuerung der Lehn oder der gesammten Hand fernerhin nicht erforderlich. 
	. Der Erwerb eines Lehens erfolgt, das Vorhandensein eines im Lehnrechte 
anerkannten Rechtsgrundes vorausgesetzt, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetz- 
buchs über den Erwerb des Eigenthums an Grundstücken.
	        
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