Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1873. (39)

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75. Den durch die dem Gemeindevorstande übertragene Geschäftsführung 
entstehenden Aufwand hat die Gemeinde zu bestreiten. 
& 76. Der Gemeindevorstand ist berechtigt, innerhalb des ihm bei der Gemeinde- 
verwaltung wie bei der Polizeipflege zustehenden Wirkungskreises die erforderlichen 
Anordnungen zu erlassen und hierbei Geldstrafen bis zur Höhe von 10 Thalern anzu- 
drohen (vergl. jedoch § 70). Nöthigenfalls hat er wegen weiterer Anordnungen Anzeige 
an die Amtshauptmannschaft zu erstatten. 
Der Gemeindevorstand kann bei Unterbleiben schuldiger Leistungen dieselben auf 
Kosten der Säumigen verrichten lassen, nicht minder wegen der seinen Geschäftskreis 
betreffenden, innerhalb des Gemeindebezirks verübten Zuwiderhandlungen Geldstrafen, 
jedoch nur bis zu der in Absatz 1 bemerkten Höhe, durch eine vorläufige Strafverfügung 
nach Maßgabe von 8§ 4 und 5 des Gesetzes über das Verfahren in Verwaltungsstraf- 
sachen vom 22. April 1873 festsetzen. 
Erscheint dem Gemeindevorstande in einem Uebertretungsfalle eine höhere Geld- 
strafe, als die vorgedachte, oder Haft angezeigt, so hat derselbe der Entschließung sich 
zu enthalten und die Sache an die Amtshauptmannschaft zur weiteren Behandlung 
abzugeben. 
Die von dem Gemeindevorstande auferlegten Geldstrafen, sowie die nach § 74 zu 
erhebenden Kosten fließen in die Gemeindecasse, soweit erstere nicht durch besondere 
Gesetze anderen Cassen zugewiesen sind. 
Die endgültig festgesetzten Geldstrafen, welche nicht beizutreiben sind, hat die Amts- 
hauptmannschaft auf Antrag des Gemeindevorstands nach Maßgabe der Vorschriften 
der §§ 28 und 29 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 in 
Haft umzuwandeln und vollstrecken zu lassen. 
& 77. Für einzelne Orte können, wenn dazu ein Bedürfniß sich herausstellt, die 
nach § 76 dem Gemeindevorstande zustehenden Strafbefugnisse vom Ministerium des 
Innern nach Gehör des Bezirksausschusses durch eine im Gesetz= und Verordnungsblatte 
bekannt zu machende Verordnung bis zu der in Art. IV, § 14 der Städteordnung für 
mittlere und kleine Städte festgesetzten Grenze erweitert werden. 
& 7S,. Die Gemeindeältesten haben den Gemeindevorstand allenthalben zu unter- 
stützen und insoweit seinen Anweisungen nachzugehen. 
Es können aber auch Gemeindeälteste von dem Gemeinderathe mit selbstständiger 
Besorgung gewisser, der eigentlichen Gemeindeverwaltung angehörigen Geschäfte, ins- 
besondere mit dem Cassen= und Rechnungswesen, unbeschadet der Aufsicht des Gemeinde- 
vorstands, beauftragt werden.
	        
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