Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1873. (39)

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8 3. Zur Volksschule gehören: 
a) die einfache, mittlere und höhere Volksschule, 
b) die Fortbildungs-(Sonntags= oder Abend-) Schule. 
Der Unterricht in den mit Waisenhäusern, mit Bewahranstalten für Verwahrloste 
und mit Erziehungsanstalten für Nichtvollsinnige, für Schwach= und Blödsinnige ver- 
bundenen Schulen ist — mit den durch die Verhältnisse bedingten Einschränkungen — 
nach den für die einfache Volksschule geltenden Bestimmungen zu ertheilen. 
& 4. Jedes Kind hat die einfache Volksschule acht Jahre lang, in der Regel vom 
vollendeten sechsten bis zum vollendeten vierzehnten Lebensjahre, in dem Schulbezirke 
seines Aufenthaltsorts ununterbrochen zu besuchen. Eine Befreiung von dieser Ver- 
bindlichkeit tritt dann ein, wenn diejenigen Personen, welchen die Sorge für die Er- 
ziehung der Kinder obliegt, nachweisen, daß sie dieselben in oder außer dem Hause auf 
andere ausreichende Weise vollständig unterrichten oder unterrichten lassen. 
Die Volksschule eines Nachbarorts kann ein Kind nur unter Zustimmung des Schul- 
vorstands dieses Ortes besuchen; es ist jedoch, falls diese Schule nur eine einfache Volks- 
schule ist, hierzu auch die Genehmigung des Bezirksschulinspectors erforderlich. 
Beim Beginne eines neuen Schuljahrs — zu Ostern — sind der Schule jedesmal 
diejenigen Kinder zuzuführen, welche bis dahin das sechste Lebensjahr erfüllt haben; 
auch dürfen, auf Wunsch der Eltern oder Erzieher, solche Kinder aufgenommen werden, 
welche bis zum 30. Juni desselben Jahres das sechste Lebensjahr vollenden. 
Gebrechlichen, kränklichen oder geistig unreifen Kindern kann der Eintritt in einem 
späteren Lebensalter, sowie die zeitweilige Unterbrechung des bereits begonnenen Schul- 
besuchs gestattet werden. 
Verwahrloste, nicht vollsinnige, schwach= und blödfinnige Kinder sind in hierzu be- 
stimmten öffentlichen oder Privatanstalten unterzubringen, sofern nicht durch die dazu 
Verpflichteten anderweit für ihre Erziehung hinreichend (8 3, Absatz 2) gesorgt ist. 
Nur in besonders dringenden Fällen und in der Regel nur nach vollendetem vier- 
zehnten Lebensjahre des Kindes kann nach siebenjährigem Schulbesuche die Entlassung 
aus der einfachen Volksschule nach Begutachtung des Lehrers und Ortsschulvorstands 
vom Bezirksschulinspector gestattet werden. 
Solche Kinder, welche das Ziel der einfachen Volksschule in den wesentlichen Unter- 
richtsgegenständen, namentlich in Religion, Deutscher Sprache, Lesen, Schreiben und 
Rechnen bis zum Ablaufe des achten Schuljahrs nicht erreichen, haben die Schule ein 
Jahr lang weiter zu besuchen. 
Die aus der Volksschule entlassenen Knaben sind noch drei Jahre lang zum Besuche 
der Fortbildungsschule verbunden, soweit nicht in anderer Weise für ihren ferneren 
Unterricht genügend gesorgt ist. 
Arten der 
Volkeschule. 
Schulpflichtig- 
keit.
	        
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