Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1873. (39)

Verpflicht- 
ungen bezüglich 
des 
Schulbesuchs. 
— 352 — 
Der regelmäßige Besuch einer mittleren oder höheren Volksschule bis zum voll- 
endeten fünfzehnten Lebensjahre befreit von der Verpflichtung zur Theilnahme am Fort- 
bildungsunterrichte, wenn das betreffende Kind die seinem Alter entsprechende Classe 
erreicht hat. « 
85. Die Eltern und Erzieher sind verbunden, schulpflichtige Kinder zum regel— 
mäßigen Besuche der Schulstunden anzuhalten. Die Erlaubniß zum Wegbleiben eines 
Kindes aus der Schule ist in der Regel vorher zu erbitten; falls dieß aber unausführ— 
bar ist, muß der Grund der Versäumniß dem Schuldirector oder Lehrer ungesäumt an— 
gezeigt werden. 
Lehrherren, Dienstherrschaften und Arbeitgeber haben ihren Lehrlingen, Dienern 
und Arbeitern die zum Besuche der Fortbildungsschule nöthige Zeit einzuräumen, sie 
auch dazu anzuhalten. 
Im Allgemeinen gilt nur Krankheit der Schüler und bedenkliche Krankheit in der 
Familie als Entschuldigungsgrund für Schulversäumnisse. In die Ermächtigung des 
Lehrers, beziehendlich Ortsschulvorstands bleibt es gestellt, Kinder von dem Schulbesuche 
zeitweilig auszuschließen, wenn in deren Familie ansteckende oder bedenkliche Krank- 
heiten herrschen, und es steht dem Lehrer frei, mit ekelerregenden Krankheiten behaftete 
Kinder bis zu deren erfolgter Heilung zurückzuweisen. 
Bei unentschuldigten oder ungerechtfertigten Versäumnissen hat die zuständige 
Behörde auf Anzeige des Schulvorstands die Eltern oder Erzieher der betreffenden 
Schüler, nach Befinden auch die Lehrherren, Dienstherrschaften und Arbeitgeber, sofern 
ihnen eine Verschuldung zur Last fällt, mit einer Geldstrafe bis zu 10 Thalern, welche 
im Falle der Nichterlegung nach §§ 28 und 29 des Reichsstrafgesetzbuchs in Haft um- 
zuwandeln ist, zu belegen. Gleiche Strafe trifft Diejenigen, welche widerrechtlich den 
Eintritt in die Fortbildungs-(Sonntags= oder Abend-) Schule verweigern, beziehendlich 
deren Besuch vernachlässigen. 
Kinder, welche sittlich verwahrlost oder der Verwahrlosung ausgesetzt sind, sollen, 
sofern die der Schule zu Gebote stehenden Zuchtmittel ohne Erfolg bleiben, von der 
Obrigkeit auf Antrag des Schulvorstands oder der Bezirksschulinspection nach Gehör 
des Schulvorstands der Erziehung der Eltern oder deren Stellvertreter entnommen und 
zunächst auf deren Kosten, im Falle des Unvermögens derselben aber auf Kosten der 
Gemeinde anderer geeigneter Pflege, nach Befinden mit Privatunterrichtsertheilung, 
übergeben oder auch in einer Besserungsanstalt untergebracht werden. 
Beschwerden über die Schule oder den Lehrer sind, sofern sich dieselben nicht durch 
Verständigung mit dem Lehrer selbst oder mit dem Ortsschulinspector (beziehendlich 
Director) erledigen sollten, bei dem Ortsschulvorstande anzubringen. Eigenmächtiges
	        
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