Verpflicht-
ungen bezüglich
des
Schulbesuchs.
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Der regelmäßige Besuch einer mittleren oder höheren Volksschule bis zum voll-
endeten fünfzehnten Lebensjahre befreit von der Verpflichtung zur Theilnahme am Fort-
bildungsunterrichte, wenn das betreffende Kind die seinem Alter entsprechende Classe
erreicht hat. «
85. Die Eltern und Erzieher sind verbunden, schulpflichtige Kinder zum regel—
mäßigen Besuche der Schulstunden anzuhalten. Die Erlaubniß zum Wegbleiben eines
Kindes aus der Schule ist in der Regel vorher zu erbitten; falls dieß aber unausführ—
bar ist, muß der Grund der Versäumniß dem Schuldirector oder Lehrer ungesäumt an—
gezeigt werden.
Lehrherren, Dienstherrschaften und Arbeitgeber haben ihren Lehrlingen, Dienern
und Arbeitern die zum Besuche der Fortbildungsschule nöthige Zeit einzuräumen, sie
auch dazu anzuhalten.
Im Allgemeinen gilt nur Krankheit der Schüler und bedenkliche Krankheit in der
Familie als Entschuldigungsgrund für Schulversäumnisse. In die Ermächtigung des
Lehrers, beziehendlich Ortsschulvorstands bleibt es gestellt, Kinder von dem Schulbesuche
zeitweilig auszuschließen, wenn in deren Familie ansteckende oder bedenkliche Krank-
heiten herrschen, und es steht dem Lehrer frei, mit ekelerregenden Krankheiten behaftete
Kinder bis zu deren erfolgter Heilung zurückzuweisen.
Bei unentschuldigten oder ungerechtfertigten Versäumnissen hat die zuständige
Behörde auf Anzeige des Schulvorstands die Eltern oder Erzieher der betreffenden
Schüler, nach Befinden auch die Lehrherren, Dienstherrschaften und Arbeitgeber, sofern
ihnen eine Verschuldung zur Last fällt, mit einer Geldstrafe bis zu 10 Thalern, welche
im Falle der Nichterlegung nach §§ 28 und 29 des Reichsstrafgesetzbuchs in Haft um-
zuwandeln ist, zu belegen. Gleiche Strafe trifft Diejenigen, welche widerrechtlich den
Eintritt in die Fortbildungs-(Sonntags= oder Abend-) Schule verweigern, beziehendlich
deren Besuch vernachlässigen.
Kinder, welche sittlich verwahrlost oder der Verwahrlosung ausgesetzt sind, sollen,
sofern die der Schule zu Gebote stehenden Zuchtmittel ohne Erfolg bleiben, von der
Obrigkeit auf Antrag des Schulvorstands oder der Bezirksschulinspection nach Gehör
des Schulvorstands der Erziehung der Eltern oder deren Stellvertreter entnommen und
zunächst auf deren Kosten, im Falle des Unvermögens derselben aber auf Kosten der
Gemeinde anderer geeigneter Pflege, nach Befinden mit Privatunterrichtsertheilung,
übergeben oder auch in einer Besserungsanstalt untergebracht werden.
Beschwerden über die Schule oder den Lehrer sind, sofern sich dieselben nicht durch
Verständigung mit dem Lehrer selbst oder mit dem Ortsschulinspector (beziehendlich
Director) erledigen sollten, bei dem Ortsschulvorstande anzubringen. Eigenmächtiges