Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1874. (40)

Zu §4, 
Absatz 5. 
Zu § 4, 
Absatz 6 und 7. 
— 160 — 
Der Grund der späteren Aufnahme derartiger Kinder oder der sich nöthig machen— 
den Unterbrechung des Schulbesuchs ist im Hauptbuche der Schule anzumerken, auch 
sind die betreffenden ärztlichen Zeugnisse im Schularchive aufzubewahren. 
Ob den bezeichneten Kindern ein Nachlaß am achtjährigen Schulbesuche gewährt 
werden könne, hängt von deren Bildungsfähigkeit ab. 
Die Verordnung zu Erläuterung und Ausführung des § 22 des Elementarvolks- 
schulgesetzes vom 8. August 1864 (Seite 284 fg. des Gesetz= und Verordnungsblattes 
vom Jahre 1864) wird hiermit aufgehoben. 
§& 9. Da die Unterrichtung verwahrloster, nicht vollsinniger, schwach= und blöd- 
sinniger Kinder eine besondere Befähigung und Vorbildung des Lehrers voraussetzt, 
solche Kinder auch dem Lehrgange der Volksschule in der Regel nicht folgen können, so 
empfiehlt sich für die größeren Städte die Einrichtung von besonderen Schulen oder 
Classen für derartige Kinder. 
Entstehen beim Schulvorstande darüber Zweifel, ob die Erziehung solcher Kinder im 
Hause ihrer Angehörigen ausreichend sei, so hat derselbe der Bezirksschulinspection hier- 
über Anzeige zu erstatten und ihr die weitere Anordnung, beziehentlich nach Einholung 
eines gerichtsärztlichen Gutachtens auf Kosten der Betheiligten, zu überlassen. 
*10. Darüber, ob die zur Entlassung erforderliche Reife des Kindes vorhanden 
sei, entscheidet der Lehrer mit dem Ortsschulinspector (Director). 
Bei evangelischen Kindern steht die Confirmation nicht mehr, wie bisher, in Ver- 
bindung mit der Schulentlassung, vielmehr kann sie vor oder nach derselben stattfinden, 
je nachdem das Kind den kirchlichen Anforderungen entspricht. Mit dem Beginne des 
Confirmandenunterrichts ist der Religionsunterricht der Confirmanden in der Schule 
einzustellen; es darf aber der übrige Schulunterricht durch den Confirmandenunterricht 
nicht beeinträchtigt werden. 
Für die vorzeitige Entlassung eines Kindes aus der Schule kann die Erleichterung 
der Eltern in ihren Erwerbsverhältnissen, oder die vorgeschrittene aber an sich normale 
körperliche Entwickelung als ein ausreichender Grund nicht gelten. Nur solche Ereignisse 
in der Familie, welche die Entlassung des Kindes als im hohen Grade dringend er- 
kennen lassen, oder notorisch andauernde Kränklichkeit des Kindes selbst, oder vorhan- 
dene günstige Gelegenheit für die Unterbringung zu Erlernung einer Profession oder in 
einem Dienste können eine Abweichung von der gesetzlichen Regel rechtfertigen, wobei 
immer vorauszusetzen ist, daß das Kind in den wesentlichen Unterrichtsgegenständen das 
Ziel der einfachen Volksschule erreicht habe. Gesuche um Erlaß von der gesetzlichen 
Schulzeit sind rechtzeitig beim Schulvorstande anzubringen, welcher dieselben, nach 
Gehör des Lehrers und mit seinem Gutachten versehen, dem Bezirksschulinspector vor- 
zulegen hat.
	        
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