Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1874. (40)

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bildung für ein bestimmtes Fach oder für höhere Studien zu übergeben, doch denjenigen 
Grad allgemeiner Bildung, praktischer Kenntnisse und selbstständigen Urtheils gewinnen 
lassen wollen, dessen es zu gehöriger Vorbereitung des Eintritts in das gewerbliche 
und geschäftliche Leben bedarf. 
Den Mädchen dieser Kreise soll sie eine höhere Bildung gewähren, um in ihnen 
den selbstständigen Trieb zu eigener geistiger Weiterbildung zu entwickeln oder ihnen die 
unentbehrlichen Hilfsmittel zu selbstständiger Erwerbsthätigkeit an die Hand zu geben. 
Unter den Lehrfächern, welche dem Unterrichte in der höheren Volksschule hinzu- 
treten, muß sich mindestens eine der modernen Cultursprachen befinden. Der mitzu- 
theilende Lehrstoff ist nach demjenigen Lehrziele zu bemessen, welches bei dem Durch- 
schnittsmaße der Befähigung von Knaben und Mädchen bis zum vollendeten 16. Lebens- 
jahre erreicht werden kann. 
Bezüglich der Lehrweise hat auch die höhere Volksschule den auf Anschauung sich 
gründenden Weg der Elementarmethode festzuhalten, welche nach practisch-sachlichen 
Gesichtspunkten gruppirt und die Lehrstoffe, selbstverständlich ohne Beeinträchtigung der 
objectiven Wahrheit, in einen für das Bedürfniß der Lernenden angelegten Zusammen- 
hang bringt. 
Der äußere Organismus dieser Schule fordert Annahme eines zehnjährigen Lehr- 
gangs und Vermehrung der Unterrichtsstunden vom dritten Schuljahre (beziehentlich 
vom vollendeten achten Lebensjahre) ab auf 22 bis, mit den Classen aufsteigend, zu 30, 
höchstens 32 Lehrstunden wöchentlich, ausschließlich des Unterrichts im Turnen. Nur 
für höhere Mädchenschulen kann vom Eintritte des Unterrichts in Handarbeiten der 
wissenschaftliche Unterricht um zwei bis drei Stunden wöchentlich beschränkt werden. 
Eine mittlere Volksschule kann durch Umbildung ihrer Mittel= und Oberelassen, 
sowie durch Aufsetzung von Selectenclassen zu einer höheren entwickelt werden. 
Die Trennung der Geschlechter in höheren und mittleren Volksschulen (§ 29) hat 
von derjenigen Classe an einzutreten, in welcher die unvermeidlichen Modificationen der 
Unterrichtspläne für Ausbildung der Knaben oder Mädchen Platz greifen. 
An solchen Schulen ist womöglich eine Anzahl von Freistellen für begabte arme 
Kinder einzurichten. 
Zu § 13, * 31. In jedem Schulbezirke soll in der Regel eine einfache Volksschule vor- 
Absatz hund handen sein, damit auch dem Bedürfnisse der weniger bemittelten Classen entsprochen 
« wird. Besteht aber am Orte keine einfache Volksschule, so ist vorzugsweise auf eine 
Abstufung des Schulgelds nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Eltern 
Bedacht zu nehmen und hat für gänzlich unbemittelte Eltern die Armencasse in dem 
§ 16 bestimmten Maße einzutreten.
	        
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