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Als Verordnungen allgemeinen Inhalts im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen
anzusehen, welche die Geistlichkeit oder die Diöcesanen im Bezirke der verordnenden Be—
hörde insgesammt angehen.
& 3. Verordnungen allgemeinen Inhalts, welche ganz oder theilweise, sei es auch
nur mittelbar, in staatliche oder bürgerliche Verhältnisse eingreifen, bedürfen zu ihrer
Verkündung der landesherrlichen Genehmigung und sind daher dem Könige vorzulegen.
Die Vorlegung erfolgt durch das Ministerium des Cultus und öffentlichen Unter-
richts, welches in der hierauf zu erlassenden Verfügung ausdrücklich zu bemerken hat,
daß das Placet ertheilt worden sei.
Die Genehmigung wird ertheilt werden, wenn sie vom staatlichen Gesichtspunkte
unbedenklich ist.
Die Genehmigung ist in der Verordnung zu bekunden.
Die Genehmigung gilt so lange, als sie nicht durch neue Anordnungen außer Kraft
gesetzt wird.
Verordnungen im Sinne Abs. 1, welche ohne landesherrliche Genehmigung ver-
kündet oder angewendet werden, sind rechtlich unwirksam.
84. Erlasse des römischen Stuhls jeder Art dürfen im Königreiche nur von den
inländischen katholisch-geistlichen Behörden und nur nach Maßgabe der Bestimmungen
in §§ 1, 2 und 3 verkündet und angewendet werden.
85. Ueber Zweifel bei Anwendung der 8§ 1 bis 4 entscheidet die Staatsregierung.
6. Dem Könige steht zu, in den katholischen Kirchen des Königreichs Feier-
lichkeiten und Gebete zu verlangen und, vorbehältlich der besonderen Einrichtungen des
katholischen Gottesdienstes, über die Art solcher Feierlichkeiten zu bestimmen.
8 7. Als Straf= oder Zuchtmittel dürfen von der katholischen Kirche oder deren
Organen nur solche angedroht, verhängt, vollzogen oder verkündet werden, welche dem
rein religiösen Gebiete angehören oder die Entziehung eines innerhalb der Kirche wir-
kenden Rechts oder die Ausschließung aus der Kirche betreffen.
Straf= oder Zuchtmittel gegen Leib, Vermögen, Freiheit oder bürgerliche Ehre sind
unzulässig.
§#8. Von den kirchlichen Straf= oder Zuchtmitteln darf niemals zu dem Zwecke
Gebrauch gemacht werden, die Befolgung der Staatsgesetze oder der auf Grund der-
selben von den zuständigen Behörden erlassenen Anordnungen oder die freie Ausübung
staatsbürgerlicher Rechte zu hindern.
§ 9Gegen Verletzung eines Staatsgesetzes durch Mißbrauch der kirchlichen Straf-
und Zuchtgewalt hat die Staatsregierung von Amtswegen einzuschreiten.
Auch im Falle erhobener Beschwerde hat sich die Staatsregierung auf Prüfung
und Entscheidung vom Standpunkte des Staatsgesetzes zu beschränken.