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der beseitigt haben will, so handelt er in Ausübung eines ihm
zustehenden Mitwirkungsrechtes. Mithin ist das Mittel zur
Sicherung der Mitwirkungsrechte wiederum ein
Mitwirkungsrecht selbst?).
Selbstverständlich steht es dem Reiche an sich frei, jederzeit
die Mitwirkungsrechte seiner Gliedstaaten aufzuheben, zu be—
schränken oder zu erweitern. Da aber die Mitwirkungsrechte
der Einzelstaaten verfassungsmäßig zugestandene Rechte sind
und die Verfassung selbst als ein Gesetz, und zwar als das oberste
Gesetz des Reiches angesehen werden muß, so kann eine Ver—
änderung oder Aufhebung dieser Rechte auch nur im Wege
der Verfassungsgesetzgebung oder der Gesetz—
gebung schlechthin erfolgen 3). An der Gesetzgebung sind aber,
wie wir bereits oben gesehen haben, die Gliedstaaten selbst be-
teiligt;i ohne ihre Zustimmung kann eine Verfassungs-
änderung und damit auch eine Anderung oder Aufhebung eines
ihrer Mitwirkungsrechte nicht erfolgen. Ohne weiteres gilt
ja auch ein Antrag auf Anderung der Verfassung als abgelehnt,
wenn sich 14 Stimmen im Bundesrat dagegen aussprechen!#y.
Eine Amänderung oder gar Vernichtung der Mitwirkungsrechte
der Einzelstaaten ohne deren Zustimmung würde auch schon an
sich dem Wesen und der rechtlichen Natur des Reiches als
Bundesstaat widersprechen. Das Reich bedarf seiner Natur
nach der Beteiligung seiner Gliedstaaten als Organe zur Her-
stellung seines Staatswillens. Solange das Reich Bundes-
staat bleiben will, muß es die Mitwirkungsrechte seiner
Bundesglieder anerkennen und ihnen auch rechtlichen Schutz an-
gedeihen lassen.
2) Vgl. darüber Haenel, Studien, S. 266.
3) Art. 78 d. RV.
4) Art. 78 Abs. 1 Satz 2 d. RV.
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