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3. wenn nach den besonderen Umständen des Falles die Mitwirkung der Kirche bei
der Eheschließung als eine Entwürdigung des begehrten göttlichen Segens er—
scheinen müßte, insbesondere zum öffentlichen Aergerniß gereichen würde.
Namentlich ist dies anzunehmen:
a) wenn nach den vorliegenden Umständen zu vermuthen ist, daß die Eheschließung
nur zum Deckmantel eines lasterhaften Lebens dienen soll;
b) bei Ehen zwischen Personen, von denen die eine mit einem Ascendenten oder
Descendenten der anderen außereheliche Geschlechtsgemeinschaft gepflogen hat;
c) bei der Eheschließung eines oder einer Geschiedenen, welcher oder welche nach dem
Scheidungsurtheil als der schuldige Theil erscheint, vor dem Tode oder der
Wiederverheirathung des anderen Theiles, dafern nicht Anzeichen vorliegen,
welche die Annahme rechtfertigen, daß sie die danach an den Tag getretene
Sündhaftigkeit ihrer Handlungsweise erkennen und bereuen;
d) wenn die Verhältnisse so liegen, daß die Nichtbeachtung eines ausdrücklichen
Widerspruchs der Eltern als eine offenbare Verletzung des vierten Gebots sich
darstellen würde.
Die Trauung kann nachträglich erfolgen, wenn der Grund ihrer Versagung weg-
gefallen, insonderheit das gegebene Aergerniß gehoben ist.
§ 20. Glaubt der um Vornahme des Aufgebots und der Trauung angegangene
zuständige Geistliche die Trauung aus dem § 19 angegebenen Gründen versagen zu
müssen, oder gehen ihm sonst im einzelnen Falle, namentlich bei der Wiedertrauung
Geschiedener wegen ihres Verhaltens bei der Lösung ihres früheren Ehebündnisses Be-
denken dagegen bei, so hat er, falls die Betheiligten sich hierbei nicht beruhigen, unter
näherer Darlegung seiner Gründe, unverweilt an den vorgesetzten Superintendenten, in
der Oberlausitz an die dortige Consistorialbehörde Bericht zu erstatten.
Dem Berichte ist in dem Falle, wenn der Grund der Versagung der Trauung in
einem öffentlichen Aergerniß (8 19, 3) beruht, eine Aeußerung des Kirchenvorstandes
darüber beizufügen.
#21. Die Entscheidung über Beschwerden wegen Versagung der Trauung steht,
wenn die entstandenen Zweifel sich nicht etwa durch die Vermittelung des Superinten-
denten, beziehentlich der Consistorialbehörde zu Bautzen erledigen lassen, dem evangelisch-
lutherischen Landesconsistorium zu.
622. Auf solche Personen, welche eine Ehe eingehen, der nach §§ 19 und 21
die Trauung versagt bleiben muß, finden diejenigen Vorschriften analoge Anwendung,
welche das Kirchengesetz, einige Bestimmungen über die Aufrechterhaltung kirchlicher Ord-
nung betreffend, vom 1. December 1876 (G.= u. V.-Bl. S. 712 fg. und Verord-
nungsblatt des evang.-luth. Landesconsistoriums S. 136 fg.) in den §§ 2 und 5 hin-