Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1882. (48)

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5. Die Auswahl für den Memorirstoff ist vorsichtig und maßvoll zu treffen. In 
den Oberklassen sind nur hervorragend bedeutende Stellen aus der classischen, ins- 
besondere poetischen Literatur aufzugeben. 
6. Die Uebungen in dem mündlichen Gebrauche der lateinischen Sprache können 
bereits in den unteren Klassen begonnen und theils bei zusammenfassender Wiederhol- 
ung des Gelesenen, theils in kurzen Vorträgen der Schüler über gegebene Stoffe ge- 
fördert werden. 
7. Eine gewisse Gewandtheit im Lateinschreiben ist von Untersecunda an 
dadurch zu fördern, daß an Stelle des Scriptums von Zeit zu Zeit die schriftliche 
Wiedergabe einer gegebenen oder bekannten Erzählung tritt. 
8. Zu besserem Verständniß der lateinischen Dichter und der lateinischen Dichtungs- 
formen und Anleitung in der lateinischen Versification hat in den beiden höheren 
Mittelklassen von Zeit zu Zeit an Stelle des lateinischen Seriptums eine im Klassen- 
unterrichte wohl vorbereitete kurze metrische Hausarbeit zu treten, während in den 
Oberklassen metrische Aufgaben nur den dazu besonders befähigten und geneigten 
Schülern an Stelle des Seriptums zu stellen sind. 
9. Der Privatlectüre ist von Obertertia an besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden; 
sie wird zunächst von den Lehrern nach dem Gesichtspunkte bestimmt, daß dadurch das 
bei dem Unterrichte Gelesene ergänzt werden soll, kann in den beiden obersten Klassen 
auch der freien Wahl überlassen werden, ist aber auch in diesem Falle der Controle zu 
unterwerfen. 
# 15. Am Schlusse des Gymnasialcursus ist zu fordern, daß der Schüler ohne 
Hilfe der Grammatik correct und wenigstens von groben Fehlern frei lateinisch zu 
schreiben, daß er mit einiger Fertigkeit und Gewandtheit über Fragen und Gegenstände, 
welche den altclassischen Studien des Schülers angehören, lateinisch zu sprechen im 
Stande, und daß ihm durch die Kenntniß der lateinischen Sprache auch das Verständniß 
für den Geist des römischen Alterthums aufgeschlossen worden sei. 
§ 16. Die Erlernung der griechischen Sprache bezweckt neben der allgemeinen 
geistigen Gymnastik durch den altelassischen Sprachunterricht die Hebung der geistigen 
Schätze und Bildungsmittel, welche in der classischen Hinterlassenschaft der Griechen 
enthalten sind. Das dazu erforderliche Verständniß wird aber nur durch Sicherheit in 
der Formenlehre und in den Hauptlehren der Syntax der griechischen Sprache erreicht 
und diese Sicherheit ist nicht blos durch Uebersetzungen aus dem Griechischen, sondern 
auch durch methodisch geordnete Uebersetzungsübungen in die griechische Sprache zu 
erreichen. Dagegen ist von Sprechübungen wie von metrischen Uebungen in dieser 
Sprache beim Gymnasialunterrichte abzusehen. 
Lehrziel. 
Griechische 
Sprache.
	        
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