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Beurtheilung der Reklamationen.
1. Zurückstellungen in Berücksichtigung von Reklamationen finden nur nach eingehender
Prüfung der Verhältnisse durch die Ersatzkommission des Gestellungsortes statt.
Letztere Ersatzkommission hat sich dieserhalb erforderlichen Falls mit der den Ver—
hältnissen näher stehenden Ersatzkommission in Verbindung zu setzen.
2. Sind die Reklamationsgründe durch freie Entschließung des Militärpflichtigen oder
seiner Angehörigen herbeigeführt (z. B. durch Ankauf, Erpachtung, Uebertragung
eines Besitzthums u. s. w.), so sind sie in der Regel zu verwerfen.
3. Das Vorhandensein verheiratheter Brüder, welche zur Zeit der endgültigen Ent-
scheidung über den Militärpflichtigen mindestens 26 Jahre alt und durch ihren
eigenen Hausstand außer Stand gesetzt sind, reklamirende Eltern zu unterstützen,
ist als Grund zur Verwerfung der Reklamation nicht anzusehen, es sei denn, daß
die Verheirathung und Gründung des eigenen Hausstandes erst nach dem Muster-
ungstermin desjenigen Jahres stattgefunden hat, in welchem die Aushebung des
Reklamirten erfolgt ist.
Auch ist das Vorhandensein eines oder mehrerer älterer Brüder, welche im
Heere oder in der Marine als Unteroffiziere dienen, kein Grund der Abweisung,
insofern eine Bescheinigung des Truppen-(Marine-theils darüber vorliegt, daß
dieser mit ersteren auch fernerhin zu kapituliren gedenkt.
4. Wird die Zurückstellung eines Militärpflichtigen in Antrag gebracht, weil dieser als
die einzige Stütze seiner Eltern oder Angehörigen zu betrachten ist, indem ein anderer
zur Unterstützung derselben Verpflichteter sich dieser Pflicht entzieht, ausgewandert
ist, oder wegen strafbarer Handlungen eine längere Freiheitsstrafe zu verbüßen hat,
so ist der Antrag auf Zurückstellung des ersteren in der Regel als begründet nicht
zu betrachten und besonders dann nicht, wenn jener andere zur Unterstützung Ver-
pflichtete etwa selbst schon zu diesem Behuf von der aktiven Dienstpflicht entbunden
worden ist.
Auch kann in der Regel daraus ein Reklamationsgrund nicht hergeleitet werden,
daß ein zur Unterstützung Verpflichteter dieser Verpflichtung nur unter besonderen
Opfern nachkommen kann, indem er z. B. sein lohnendes Gewerbe zeitweise aufgiebt,
um dem arbeitsunfähigen Vater unmittelbar hülfreiche Hand zu leisten.
5. Die im § 32, 25 bezeichneten Berücksichtigungen dürfen in der Regel nicht eintreten,
wenn die Familie 2c. neuerdings erhebliche Unterstützungen aus Armenfonds be-
zogen hat.
1888. 90