Lehrziel.
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2. Zur Förderung der Denk- und Sprechgewandtheit wie zur Belebung des Unter—
richts sind in den Unter- und Mittelklassen häufig, in den Oberklassen von Zeit zu Zeit
im Anschluß an gegebene oder von den Schülern gebildete Beispiele mündliche logisch—
rhetorische Uebungen anzustellen, wobei von den einfachsten Satzbildungen, Satzerweiter-
ungen und Satzumbildungen stufenweise allmählich bis zu künstlichen Perioden, von
leichten Begriffsunterscheidungen bis zu schweren Wort= und Sacherklärungen, Schlüssen
und Schlußreihen fortgeschritten werden kann. Durch derartige Uebungen sind insbeson-
dere die Stunden zu beleben, in welchen Grammatisches behandelt wird.
3. Wie die grammatische und stilistische Unterweisung sich allenthalben mit einer
Auswahl des für die Schüler Fruchtbaren zu begnügen hat, so soll die Erklärung von
Schriftwerken sich auf das zum Verständniß Unentbehrliche beschränken. Besonders zu
vermeiden ist eine gedehnte, zu sehr beim Einzelnen verweilende Behandlung umfang-
reicherer Dichtungen. In der Regel sind von solchen nur ausgewählte Stellen in der
Klasse zu lesen, das Uebrige ist den Schülern zur Privatlektüre aufzugeben und im Unter-
richte nachträglich zu besprechen. Ein Hauptaugenmerk ist darauf zu richten, daß jede
bedeutendere Dichtung nicht nur im einzelnen, sondern auch als Ganzes recht verstanden
und genossen wird. In den Unterklassen sind sprachliche Uebungen in der Hauptsache
nur an Prosastücken vorzunehmen.
4. Es erscheint geboten, daß in den Oberklassen neben den in gewissen Zwischen-
räumen zu liefernden größeren Aufsätzen von Zeit zu Zeit kurze Klassenaufsätze geschrieben
werden, bei welchen das Absehen ausschließlich auf knappe, zutreffende und wohlgeordnete
Wiedergabe eines den Schülern aus dem Unterrichte der Anstalt geläufigen Stoffes ge-
richtet ist. Die Bestimmung des näheren bleibt den einzelnen Schulen überlassen.
5. Nur mit Genehmigung des Ministeriums kann neben den drei deutschen Stunden
in Oberprima eine besondere für philosophische Propädentik angesetzt werden. In der
Regel fällt dem deutschen Unterricht in den Primen die Verpflichtung zu, das Aller-
nöthigste aus der Logik und Psychologie den Schülern gelegentlich im Anschluß an die
Dispositionsübungen, die Besprechung der Arbeiten, nach Befinden auch in eingelegten
besonderen Stunden mitzutheilen.
Tateinisch.
# 12. Am Schlusse des Gymnasialkursus ist zu verlangen, daß der Schüler
1. mit den Schriftstellern, welche auf Gymnasien regelmäßig gelesen werden, durch
eigene Lektüre genügend bekannt geworden ist und die zum Verständniß derselben nöthige
Kenntniß des römischen Staats= und Geisteslebens sich erworben hat,
2, die lateinische Sprache insoweit beherrscht, daß er leichtere Stellen aus römischen
Schriftstellern auch ohne Vorbereitung zu übersetzen vermag und im Stande ist, deutsche