Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1904. (70)

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*50. Einer Verurteilung nach Maßgabe von § 47e und f müssen mindestens 
vier Ehrenratsmitglieder zugestimmt haben. 
Fehlt es an der erforderlichen Stimmenzahl, so muß der Beschuldigte freigesprochen 
werden. Doch kann in den Entscheidungsgründen angegeben werden, daß und wieviel 
Stimmen sich für Verurteilung ausgesprochen haben. 
8 51. Bilden sich über die zu erkennende Strafe mehr als zwei Meinungen, deren 
keine mindestens drei Stimmen für sich hat, so werden die dem Beschuldigten nachteiligsten 
Stimmen den zunächst minder nachteiligen so lange hinzugerechnet, bis sich drei Stimmen 
auf eine bestimmte Strafe vereinigen. 
&52. Der Ehrenrat hat den Beschuldigten freizusprechen, wenn und soweit entweder 
1. diejenigen Tatsachen, welche den Gegenstand der Untersuchung bilden, nicht oder 
nicht ausreichend nachgewiesen sind, oder 
2. durch die nachgewiesenen Tatsachen keine Bestimmung der Standesordnung verletzt 
wird. 
Die verletzte Bestimmung der Standesordnung ist im Falle der Verurteilung in der 
Entscheidung ausdrücklich anzugeben. 
53. Eine Entscheidung nach § 47 untere ist insbesondere dann zu treffen, wenn 
zwar die nachgewiesenen Tatsachen objektiv eine Verletzung der Standesordnung enthalten, 
aber entweder 
1. angenommen werden muß, daß der Beschuldigte bei Begehung der Handlung in 
verzeihlichem Irrtum gewesen ist (Mangel des subjektiven Schuldmoments) oder 
2. die Verletzung der Standesordnung so unerheblich erscheint, daß von einer Be- 
strafung abgesehen wird, oder 
3. der Arzt sich bei der Begutachtung des Bezirksvereins in den Fällen von §§ 3 und 
15 der Standesordnung nicht beruhigt und die Entscheidung des Ehrenrats an- 
gerufen hat, ohne die von dem Bezirksverein beanftandete Handlung tatsächlich 
vorzunehmen. 
8 54. Bei einer Entscheidung nach 8 47 unter e und f können dem Beschuldigten 
Kosten im Betrage von 10 bis 100 auferlegt werden. 
Der Kostenbetrag ist in der Entscheidung selbst festzusetzen. 
In gleicher Weise können dem Ankläger Kosten auferlegt werden, wenn sich heraus- 
stellt, daß die Anklage offenbar leichtfertig oder wider besseres Wissen erhoben worden ist. 
55. Die Entscheidung ist mit Gründen zu versehen und von sämtlichen Mit- 
gliedern des Ehrenrats, auch wenn sie dagegen gestimmt haben, zu unterschreiben. 
58“
	        
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