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Verhalten bei zögernder Fäulnis.
19. Sind an einer Leiche, nachdem dieselbe bereits 48 Stunden gelegen hat, noch
keine oder nur geringe und undeutliche Zeichen der Fäulnis wahrzunehmen, so muß die
Leichenfrau für Herbeirufung eines Arztes sorgen, damit dieser bestimmt, ob und wann
die Beerdigung stattfinden kann.
Verhalten bei ansteckenden Krankheiten.
§ 20. In allen denjenigen Fällen, in welchen der Tod durch eine ansteckende
Krankheit, wie Pocken (Blattern), Diphtherie, Scharlach, Masern, Keuchhusten, Typhus,
Pest, Gelbfieber, Flecktyphus, Cholera, Ruhr und Lepra (Aussatz) herbeigeführt worden
ist, hat die Leichenfrau von dem Arzte, welcher den Verstorbenen in seiner letzten Krank-
heit behandelt hat, darüber Anordnung einzuholen, ob die Leiche im Sterbehause ver-
bleiben darf oder in die Leichenhalle gebracht werden muß, sowie ob sie früher als
72 Stunden nach eingetretenem Tode beerdigt werden soll und ob das stille Begräbnis
stattzufinden hat.
Wenn der Verstorbene bei der Krankheit, welche den Tod veranlaßt hat, nicht von
einem Arzte behandelt worden ist, so hat die Leichenfrau einen Arzt herbeizurufen, um
von diesem die erforderlichen Anordnungen zu erhalten.
Alle von dem Arzte erteilten Anordnungen sind pünktlich und genau zu befolgen.
Ist ein Arzt nicht zu erlangen oder wird die Zuziehung eines solchen von den An-
gehörigen des Verstorbenen verweigert, so muß, wenn im Sterbehause ein zur Unter-
bringung der Leiche geeigneter Raum nicht vorhanden ist, die Leichenfrau darauf dringen
und nötigenfalls die Anordnung der Ortsbehörde herbeiführen, daß die Leiche in die
Leichenhalle verbracht wird.
#.21. Bestehen in einem Orte Vorschriften über das Verbringen an ansteckenden
Krankheiten Verstorbener in die Leichenhalle oder werden solche Vorschriften während des
Herrschens einer Krankheit erlassen, so hat die Leichenfrau für strenge Befolgung dieser
Vorschriften Sorge zu tragen.
& 22. Die Leichen der an Pest, Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Pocken (Blattern)
und Aussatz (Lepra) Gestorbenen sind ohne vorheriges Waschen und Umkleiden in Tücher
einzuhüllen, welche — wie in § 18 Absatz 3 angegeben — mit einer desinfizierenden
Flüssigkeit getränkt sind. Sie sind alsdann in dichte Särge zu legen, welche am Boden
mit einer reichlichen Schicht Sägemehl, Torfmull oder anderen aufsaugenden Stoffen
bedeckt sind. Der Sarg ist alsbald zu schließen.
1904. 76