Das byzantinische Reich. 113
bestürmt. Allen diesen Feinden widerstand das byzantinische Reich in
wechselvollem Kampfe zwar nicht ohne Verlust, jedoch blieb es immer
eine Großmacht und behauptete seinen Posten als Schildhalter an den
Thoren Europas und Asiens.
Der griechische Kaiser gebot aber auch über die ganze Kraft seines
Reichs und war dabei nicht von dem guten Willen der großen Lehen-
träger abhängig, wie die meisten abendländischen Herrscher; das Reich
besaß eine geregelte Finanzverwaltung, einen Staatsschatz, daher verfügte
der Kaiser über regelmäßige Reichseinkünfte und konnte Heere und
Flotten ausrüsten und unterhalten. Die Mannschaft wurde zum größten
Theile aus Barbaren geworben, namentlich aus Slaven, welche sich im
Reiche niedergelassen hatten; die Befehlshaber waren dagegen meistens
Griechen, welche oft genug bewiesen, daß die ererbte römische Kriegs-
kunst noch von keinem andern Volke erreicht war. Die Vertheidigung
des Reiches und Konstantinopels wurde besonders durch die Lage am
Meere erleichtert, und tüchtige Kaiser richteten deßwegen auch ihr Haupt-
augenmerk auf die Seemacht, indem sie mit Recht glaubten, Konstanti-
nopel könne nicht fallen, so lange es das Meer frei habe. Diese Haupt-
sestung war damals zugleich der erste Handelsplatz der Welt; sie ver-
mittelte den Verkehr zwischen Europa und Asien, und stand mit dem
russischen Nowgorod so gut in Verbindung als mit Italien, Frankreich
und Deutschland. Auch der alte Gewerbsfleiß hatte sich in den Städten
erhalten und selbst die Barbaren fanden bald die griechischen Fabrikate
so unentbehrlich, als heut zu Tage die vielnamigen Indianer in Amerika
und Neger in Afrika die englischen. Handel und Industrie waren deß-
wegen die Quellen, welche dem Staatsschatze die besten Zuflüsse gaben.
Die bilderstürmenden Kaiser (717—842).
Dem Kaiser Heraklius folgten einige unbedeutende Kaiser, bis 717
Leo III., der Isaurier, ein tüchtiger Feldherr, sich des Thrones bemäch-
tigte. Dieser schlug die Araber zurück, die Konstantinopel ein ganzes
Jahr belagerten und dabei 100,000 Mann verloren haben sollen, stürzte
aber das Reich durch sein Verbot der Bilderverehrung in Verwirrung.
Dazu sollen den Kaiser politische Rücksichten bewogen haben. Der Koran
verbietet jede bildliche Darstellung nicht nur Gottes und höherer Wesen,
sondern überhaupt alles Lebendigen, daher die Moslemin überall gegen
die Bilder, namentlich religiösen, wütheten. Zu Leo's Zeit ließ der
Chalife Jezid (723) alle Bilder in den Kirchen der eroberten Provinzen
zerstören, was den griechischen Kaiser auf den Gedanken brachte, den
mohammedanischen Fanatismus als den gefährlichsten Feind dadurch zu
entwaffnen, daß in dem griechischen Reiche selbst alle heiligen Bilder
weggeschafft würden. Dem ersten Befehle (726) folgte bald (730) ein
Bumüller, Mittelalter. 8