Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 28. Die Civilgerichtsbarkeit. 185 
subjektiven Prozefsrechte, wie er den Prozefsgang und damit schliefs- 
lich das Urteil in malsgebender Weise beeinflufst, doch nur durch die 
Mittel des Prozesses zu dem nämlichen praktischen Erfolge einer be- 
stimmten Gestaltung des streitigen Privatrechtsverhältnisses führt, 
welche auch durch die Mittel des materiellen Rechtes, durch Ver- 
zichte, Anerkenntnisse, Vergleiche und andere Rechtsgeschäfte mit als- 
dann notwendiger Rückwirkung auf den Prozels erreicht werden 
könnte. 
Mag nun auch der Unterschied zwischen der Verhandlungs- und 
der Untersuchunesmaxime einen freien Spielraum für die rechtliche 
Technik bezeichnen, jene ersten Grundsätze sind notwendige Folge- 
rungen aus der Natur des Privatrechtes. Überall da, wo die Vor- 
schriften der Civilprozefsordnung .diese Folgerungen nicht anerkennen, 
wo sie dem Staate Rechte der Klage oder der Einrede einräumen 
oder wo sie die sonst anerkannten. Parteiverfügungen über die 
subjektiven Prozefsrechte aufheben, da liegt das sichere Zeichen vor, 
dafs es sich insofern und insoweit nicht um Sehutz des Privatrechtes 
handelt, sondern dafs der Staat eigene Rechte nur darum in dem 
Rahmen des Civilprozesses geltend macht, weil das öffentliche 
Recht untrennbar mit dem im Streit befangenen Privatrechtsver- 
hältnis verknüpft ist. So im Eheprozeis und im Entmündigungs- 
verfahren. 
Das nämliche. greift auch in einer anderen Wendung im Ver- 
hältnis des Strafrechtes zum Privatrecht Platz. Gewils ist ein wesent- 
licher Teil des Strafrechtes dazu bestimmt, die Privatrechtsordnung, 
die Begrenzungen der Privatfreiheit und die Bedingungen ihrer Entfaltung 
zu schützen. Aber diesen Schutz gewährt der Staat der Privatrechtsord- 
nung nicht in ihrer Eigenschaft als Ordnung der Privatrechte, sondern 
in der Eigenschaft als notwendige Voraussetzung und Ergänzung seiner 
eigenen Ordnung, seiner eigenen Zweckerfüllung. Der Staat greift 
mit seiner Strafgewalt nur darum ein, weil er .es für.erforderlich hält, 
dem freien Spiel der auf das eigene Interesse und die eigene Verant- 
wortlichkeit gestellten Freiheit der Privaten das öffentliche Interesse 
und die öffentliche Verantwortlichkeit zur Seite zu setzen. Jede solche 
Strafandrohung konstituiert, unabhängig von den an dem nämlichen 
Thatbestand regulierten Rechten und Pflichten der Privaten, eigene 
Rechte des Staates und dementsprechende öffentliche Gehorsamspflichten 
der Unterthanen. Der Begründung, der Einschärfung und der Be- 
währung dieser öffentlichen, behufs Aufrechterhaltung und Förde- 
rung der Privatrechtsordnung geforderten Rechte und Pflichten, nicht aber 
dem Schutze des Privatrechtes dient das hier einschlagende Strafrecht
	        
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